Multiple Rationalitäten der kantonalen ... - Universität St.Gallen
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ist für die Beantwortung <strong>der</strong> forschungsleitenden Fragestellungen <strong>der</strong> vorliegenden<br />
Dissertation relevant. Sie verschließt sich allerdings einem direkten Zugang im empirischen<br />
Forschungsprozess. Dagegen sind das (organisationale) Handeln und Sprechen<br />
als Elemente <strong>der</strong> materialisierenden Ebene <strong>der</strong> Rationalität mit Hilfe von Interviews,<br />
Beobachtungen sowie Dokumenten- o<strong>der</strong> Artefakt-Analysen direkt zugänglich. Ziel<br />
des empirischen Forschungsprozesses wird es demnach sein, sich über eine Erhebung<br />
<strong>der</strong> materialisierenden Elemente einen Zugang zu <strong>der</strong> ursächlichen Ebene <strong>der</strong> Aufgabenträgerrationalität<br />
zu verschaffen. Eine ausführliche Beschreibung <strong>der</strong> eingesetzten<br />
Erhebungsmethoden erfolgt im Unterkapitel 6.3.<br />
Smircich & <strong>St</strong>ubbart (1985) sowie Weick (1995) führen aus, dass sich zwischen Mitglie<strong>der</strong>n<br />
eines sozialen Systems kontinuierlich gegenseitige Bestätigungsprozesse im<br />
Hinblick auf ihre Handlungen vollziehen. Ziel sei es dabei, sich zu vergewissern, dass<br />
das eigene Handeln für die an<strong>der</strong>en Mitglie<strong>der</strong> des jeweiligen sozialen Systems und<br />
damit für das soziale System an sich relevant und sinnvoll sei. Übertragen auf die Rationalität<br />
sozialer Systeme heißt das, dass sich ein Mitglied eines sozialen Systems das<br />
eigene Sprechen und Handeln und die dahinterstehende Logik kontinuierlich von einer<br />
entsprechenden Referenzgruppe als rational bestätigen lässt. Scott (2008) spricht in<br />
diesem Zusammenhang von ʻLegitimitätʼ beziehungsweise von ʻLegitimierungʼ. Als<br />
Referenzgruppe werden in <strong>der</strong> vorliegenden Arbeit diejenigen Akteure und Organisationen<br />
bezeichnet, <strong>der</strong>en Handeln sich an <strong>der</strong> gleichen Rationalität ausrichtet. Sie<br />
„stellt die soziale Kontrollinstanz dar, die die Angemessenheit <strong>der</strong> Aktivitäten eines<br />
Akteurs beurteilt und <strong>der</strong>en Einschätzungen und Erwartungen <strong>der</strong> Akteur zu antizipieren<br />
versucht. Es ist die Kontroll- beziehungsweise Bezugsgruppe, die Legitimität verleiht“<br />
(Walgenbach & Meyer 2008: 65). Durch das Sprechen und Handeln werden interaktive<br />
Prozesse mit <strong>der</strong> jeweiligen Referenzgruppe ausgelöst. Im Rahmen dieser<br />
Interaktionen fungieren die Referenzgruppe und ihre Rationalität als Maßstab für die<br />
Legitimität des jeweiligen Handelns und <strong>der</strong> dahinterstehenden eigenen Rationalität<br />
(im Sinne <strong>der</strong> geteilten Rationalität) (Rao et al. 2000). Mit Hilfe <strong>der</strong> Referenzgruppe<br />
erfolgt demnach eine Überprüfung und – bei Diskrepanzen – gegebenenfalls eine Anpassung<br />
des eigenen Wahrnehmungsfilters und <strong>der</strong> eigenen Konstruktionslogik. Auf<br />
diese Art und Weise vollzieht sich ein kontinuierlicher Überprüfungs- und Bestätigungsprozess<br />
<strong>der</strong> Rationalität eines sozialen Systems sowie eine permanente<br />
ʻRationalisierungʼ (Weick 1995) des entsprechenden Handelns. Rationalität entwickelt<br />
sich durch die Interaktion mit <strong>der</strong> jeweiligen Referenzgruppe weiter.<br />
Zwischen den ursächlichen und den materialisierenden Elementen <strong>der</strong> Rationalität besteht<br />
somit eine zirkuläre Rekursivität. Beide bedingen einan<strong>der</strong> wechselseitig und