Multiple Rationalitäten der kantonalen ... - Universität St.Gallen
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Effizienz, Ethik und Moral. Das Bürokratiemodell Webers basiert somit auf einer<br />
Verwaltung, die einer legalen Rationalität mit einer ausgeprägten Risikoaversion unterliegt<br />
und die dank <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Organisationsprinzipien des Modells zu einer effizienten<br />
Aufgabenerfüllung befähigt wird (Weber et al. 1991). Hartwig stellt in<br />
diesem Zusammenhang fest: „Weber thus conceived of a number of meanings of<br />
ʻrationalityʼ, but he described bureaucracy essentially in terms of technical and legal<br />
rationality“ (1978: 172, Hervorhebung im Original).<br />
Eine umfassende Analyse des Verhaltens von öffentlichen Verwaltungen und <strong>der</strong> dafür<br />
verantwortlichen Gründe führte Wilson (1989) auf Basis von verschiedenen Fallbeispielen<br />
in amerikanischen Verwaltungen durch. Er bezieht sich dabei ebenfalls nicht<br />
explizit auf das Konzept <strong>der</strong> (Verwaltungs-)Rationalität; aus seinen Ausführungen lassen<br />
sich jedoch Elemente einer administrativen Rationalität ableiten. Obwohl sich die<br />
Analyse von Wilson (1989) sowohl in Bezug auf Zeit als auch auf Kontextbedingungen<br />
stark von den Ausführungen Webers unterscheidet, finden sich auch bei ihm Hinweise<br />
auf die Existenz einer legalen Rationalität in Verwaltungen. So kommt er unter<br />
an<strong>der</strong>em zu dem Schluss, dass das Verhalten von Verwaltungen und ihrer Manager<br />
durch starke Risikoaversion geprägt sei. Wichtiger als das Erzielen guter, das heißt<br />
effizienter, Ergebnisse sei ihnen die Einhaltung <strong>der</strong> ihnen gesetzten Regeln. Zum Beispiel<br />
sei es für Behördenmanager wichtiger, ihr Handeln an einer Gleichbehandlung<br />
von Kundinnen und Kunden als wesentlichen <strong>St</strong>akehol<strong>der</strong>n öffentlicher Verwaltungen<br />
auszurichten, als die ihnen angebotenen Leistungen effizient zu erbringen. Risikoaversion<br />
in <strong>der</strong> Verwaltung zeigt sich weiterhin in <strong>der</strong> Abneigung gegenüber Än<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> Umwelt. Gemäß den Beobachtungen Wilsons nehmen Verwaltungen Verän<strong>der</strong>ungen<br />
ihrer Umwelt in <strong>der</strong> Regel nicht als Chance, son<strong>der</strong>n als Bedrohung wahr. Sie seien<br />
deshalb eher innovations- und verän<strong>der</strong>ungsunwillig. Innovationen und damit Verän<strong>der</strong>ungen<br />
seien prinzipiell mit Unsicherheit verbunden, Verwaltungen dagegen bevorzugten<br />
Sicherheit, <strong>St</strong>abilität und Routine (Wilson 1989).<br />
Einen engen Fokus <strong>der</strong> Rationalität in Verwaltungen setzt Niskanen (1971) implizit im<br />
Rahmen seiner Ausführungen zur Ökonomischen Theorie <strong>der</strong> Bürokratie. Die Ökonomische<br />
Theorie <strong>der</strong> Bürokratie, ein Teilgebiet <strong>der</strong> Public Choice-Theorie, basiert auf<br />
<strong>der</strong> Annahme des methodologischen Individualismus (Mueller 2003). Das Menschenbild<br />
des ʻhomo oeconomicusʼ wird auf Verwaltungen übertragen. Daraus folgt, dass<br />
das Interesse von (leitenden) Verwaltungsangestellten in erster Linie <strong>der</strong> Maximierung<br />
ihres persönlichen Nutzens gilt. Niskanen (1971) geht in diesem Zusammenhang von<br />
<strong>der</strong> Annahme aus, dass vor allem die Variablen Einkommen, Reputation, Macht, Bequemlichkeit<br />
bei <strong>der</strong> Arbeit sowie Büroausstattung und -rahmenbedingungen relevant