Multiple Rationalitäten der kantonalen ... - Universität St.Gallen
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ÖV so wichtigen Organisationen und ihre organisationale Rationalität in den wissenschaftlichen<br />
Analysen und Diskussionen bislang unberücksichtigt geblieben sind.<br />
Durch den ausschließlichen Fokus auf ökonomische Aspekte wird den Aufgabenträgern<br />
implizit ‘unterstellt’, dass für ihr Handeln und ihre Entscheidungen in erster Linie<br />
Elemente ökonomischer Rationalität ausschlaggebend seien. Dabei handelt es sich jedoch<br />
um eine Annahme, die we<strong>der</strong> induktiv auf Basis konkreter empirischer Daten<br />
noch deduktiv auf Basis theoretischer Ansätze hergeleitet und geprüft wurde. Dass<br />
Handeln durchaus auch auf an<strong>der</strong>en <strong>Rationalitäten</strong> basieren kann, hat bereits Weber<br />
(1905/1978: 62, zitiert in Norkus 2005: 141) angemerkt: „Man kann eben – dieser<br />
Satz, <strong>der</strong> oft vergessen wird, sollte an <strong>der</strong> Spitze je<strong>der</strong> <strong>St</strong>udie stehen, die sich mit ‘Rationalismus’<br />
befasst – das Leben unter höchst verschiedenen letzten Gesichtspunkten<br />
und nach sehr verschiedenen Richtungen hin ‘rationalisieren’.“ Vor dem Hintergrund<br />
<strong>der</strong> wissenschaftlichen Arbeiten und Ergebnisse im Hinblick auf die beson<strong>der</strong>e Rationalität<br />
in Politik und Verwaltung (Conn et al. 1973; Page & Shapiro 1992; Schedler<br />
2003; Schedler & Proeller 2010; Schedler & Proeller 2011; <strong>St</strong>imson et al. 1995;<br />
Wildavsky 1966; Wong 1990) o<strong>der</strong> im Hinblick auf Multirationalität in Organisationen<br />
(Cloutier & Langley 2007; Diesing 1962; Friedland & Alford 1991; Townley<br />
2002) kann die grundsätzliche Annahme einer dominanten ökonomischen Rationalität<br />
bei den Aufgabenträgern für den öffentlichen Verkehr zumindest in Frage gestellt<br />
werden.<br />
Festzuhalten bleibt, dass in <strong>der</strong> wissenschaftlichen Diskussion über die Einführung<br />
von Wettbewerb in den ÖV die Aufgabenträgerorganisationen und die ihnen eigene<br />
organisationale Rationalität bislang unberücksichtigt geblieben sind. Letztlich sind<br />
aber sie es, die entscheiden, ob Wettbewerb in den ÖV eingeführt wird o<strong>der</strong> nicht. So<br />
kommt Haubitz (2003) in seiner Dissertation zu dem Ergebnis, dass die Bedeutung <strong>der</strong><br />
Aufgabenträger künftig zunehmend wichtiger werden wird. Eine Forschungslücke<br />
kann dahingehend identifiziert werden, dass es bislang keine bekannten Forschungsergebnisse<br />
zur organisationalen Rationalität <strong>der</strong> Aufgabenträger im ÖV und den damit<br />
verbundenen Konsequenzen für die Anwendung des Ausschreibungsverfahrens gibt.<br />
1.3 Zielsetzung und Forschungsfragen<br />
Die bisherigen Ausführungen zeigen auf, dass<br />
• Ausschreibungen beziehungsweise Ausschreibungswettbewerb im ÖV durch<br />
Anpassungen des regulatorischen Rahmens zu einem relevanten Thema für den<br />
ÖV geworden sind,