Multiple Rationalitäten der kantonalen ... - Universität St.Gallen
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Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here. 133<br />
rung des öffentlichen Verkehrs, Kanton Case C). Ob es sich bei <strong>der</strong> entsprechenden<br />
Interviewaussage um eine strategische Aussage handelte o<strong>der</strong> ob sie auf <strong>der</strong> wirklichen<br />
Überzeugung, dass ein gesetzliches Ausschreibungsverbot bestünde, zustande kam –<br />
und das entsprechende Gesetz somit tatsächlich handlungsleitend bei den Entscheidungen<br />
gegen das Ausschreibungsverfahren war –, konnte nicht geklärt werden.<br />
Ein eindeutiger Handlungsbezug <strong>der</strong> politischen Aufgabenträgerebene konnte dagegen<br />
hinsichtlich <strong>der</strong> oben angesprochenen <strong>kantonalen</strong> Beteiligungsstrukturen im regionalen<br />
Busverkehr herausgearbeitet werden. Die Einführung des Ausschreibungsverfahrens in<br />
den regionalen Busverkehr würde für sie allein schon vor dem Hintergrund <strong>der</strong> <strong>kantonalen</strong><br />
Mehrheitsbeteiligung ein politisches Risiko darstellen. Sollte nämlich das entsprechende<br />
Unternehmen seine Verkehre im Wettbewerb an an<strong>der</strong>e Unternehmen verlieren,<br />
würden sowohl kantonale Vermögenswerte als auch Arbeitsplätze in einem<br />
<strong>kantonalen</strong> Unternehmen vernichtet werden. Beides wäre nicht im Sinne des angestrebten<br />
politischen Erfolgs, so dass Ausschreibungen ein zu großes politisches Risiko<br />
darstellen.<br />
„Denn ist es ja auch so, <strong>der</strong> Kanton ist ja natürlich auch <strong>der</strong> Großaktionär von [nennt Namen<br />
des <strong>kantonalen</strong> Unternehmens, Anmerkung MG]. Einerseits ist man Leistungserbringer und<br />
auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite Besteller. Ist sowieso noch mal eine spezielle Situation, ja. Wenn jetzt<br />
vielleicht <strong>der</strong> Kanton nicht von Haus aus Hauptaktionär wäre, würde man das vielleicht an<strong>der</strong>s<br />
sehen. Aber so geht das nicht mit dem Wettbewerb. <strong>St</strong>ellen Sie sich vor, wir machen das,<br />
also, schreiben mal aus. Dann werden sich die Kritiker sofort melden und ich müsste begründen<br />
warum usw. Und dann stellen Sie sich vor, unser Unternehmen verliert ein paar Linien,<br />
o<strong>der</strong> auch mehr, am besten sogar an ein deutsches Unternehmen. O<strong>der</strong> sagen wir ein französisches,<br />
Sie sind ja Deutscher. Ich will mir nicht vorstellen, was dann hier los wäre. Da können<br />
Sie doch als Regierungsrat gleich die Koffer packen. Dann muss ich sagen, ist es denn <strong>der</strong><br />
Kampf und Krampf wert, wenn wir am Schluss 100.000 Franken einsparen auf dieses Volumen,<br />
ist es das wert? Nein, wir geben doch nicht jemand an<strong>der</strong>es als unserer [nennt Namen<br />
des Unternehmens, Anmerkung MG] Geld.“ (Interview Case C, pol. AT 1 2009)<br />
Die Tatsache, dass <strong>der</strong> politische Aufgabenträger auch noch im Verwaltungsrat des<br />
Unternehmens sitzt, erhöht für ihn das politische Risiko, das mit einem Wettbewerb<br />
unter den Unternehmen verbunden ist, noch zusätzlich, da er dann vorsätzlich gegen<br />
die Interessen des Unternehmens handeln würde. Die Doppelfunktion <strong>der</strong> politischen<br />
Aufgabenträgerebene und die damit verbundenen Schwierigkeit <strong>der</strong> Neutralität zeigt<br />
sich an verschiedenen <strong>St</strong>ellen des Interviewprotokolls deutlich. Die Erzählungen und<br />
Argumentationen, die eigentlich aus <strong>der</strong> Perspektive des <strong>kantonalen</strong> Verkehrsdirektors<br />
erfolgen sollten, wurden aus Sicht eines Vertreters des <strong>kantonalen</strong> Verkehrsunternehmens<br />
geführt.<br />
„Ich glaube aber trotzdem, dass wir [gemeint ist das Unternehmen, Anmerkung MG] das mit<br />
den Ausschreibungen eigentlich gar nicht fürchten müssten. Wir sind gut aufgestellt, haben<br />
gute Zahlen und bringen super Qualität.“ (Interview Case B, pol.AT 1 2009)