Multiple Rationalitäten der kantonalen ... - Universität St.Gallen
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dem Zusammenspiel <strong>der</strong> unterschiedlichen Rollen eines Theaterstücks. Den grundlegenden<br />
und universellen Trend im Hinblick auf die soziale Rationalität sieht er in dem<br />
kontinuierlichen <strong>St</strong>reben nach Integration. Ein soziales System wird dann als integriert<br />
und im Sinne <strong>der</strong> sozialen Rationalität als rational bezeichnet, wenn „the roles of<br />
which it is composed are internally consistent and fit together“ (Diesing 1962: 76).<br />
Integration ist Diesing zufolge für soziale Systeme effektiv – und integrierte soziale<br />
Systeme sind demnach rational –, da sie es sei, die soziale Handlungen effektiv möglich<br />
und bedeutend mache. „Integration is a logical precondition for the successful<br />
completion of any social action. It makes action possible by […] eliminating conflicts,<br />
which would block action […]“ (Diesing 1962: 84). Entscheidungen auf Basis sozialer<br />
Rationalität werden von Diesing (1958: 2) als ‘integrative decisions’ bezeichnet.<br />
In Bezug auf das Wertesystem einer rationalen sozialen Organisation betont er die Bedeutung<br />
persönlicher Beziehungen: In einem rationalen sozialen System findet Handeln<br />
nur innerhalb und auf Basis von sozialen Beziehungen statt und bestimmen persönliche<br />
Beziehungen die Verpflichtungen einer Person gegenüber einer an<strong>der</strong>en o<strong>der</strong><br />
gegenüber einer Gruppe von Personen. Je enger die Beziehungen zu einer Person o<strong>der</strong><br />
zu einer Gruppe sind, desto größer ist auch die Verpflichtung ihr gegenüber und desto<br />
höher ist die Priorität <strong>der</strong> Verpflichtungen. Eine gemäß sozialer Rationalität rationale<br />
Organisation stärkt die persönlichen sozialen Beziehungen und Verbindungen ihrer<br />
Mitglie<strong>der</strong>. In einer rationalen ökonomischen Organisation dagegen bestehen Beziehungen<br />
nur auf vertraglicher Ebene, Personen werden als eine Art austauschbares Gut<br />
o<strong>der</strong> Rohstoff angesehen. Emotionale und moralische Aspekte spielen in <strong>der</strong> ökonomischen<br />
Rationalität keine Rolle; für die gemäß sozialer Rationalität wesentlichen sozialen<br />
Beziehungen sind sie dagegen von wesentlicher Bedeutung (Diesing 1962).<br />
Im Gegensatz zu den Entscheidungsprinzipien ökonomisch und technisch rationaler<br />
Entscheidungen erscheinen die entsprechenden Prinzipien <strong>der</strong> sozialen Rationalität<br />
vage und nicht formalisierbar, zumindest nicht im gleichen Maße. Diesing diskutiert<br />
insbeson<strong>der</strong>e drei Entscheidungsprinzipien. Entscheidungssituationen sollten so vorbereitet<br />
werden, dass sie beherrschbar sind in dem Sinne, dass sich konfligierende Faktoren<br />
integrieren lassen. Weiterhin sollten Entwicklungen antizipiert und darauf basierend<br />
Vorkehrungen für potentielle zukünftige Konfliktsituationen getroffen werden,<br />
zum Beispiel durch die rechtzeitige Anpassung sozialer Rollen im Hinblick auf zukünftige<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen. Schließlich sollte Unsicherheit soweit wie möglich umgangen<br />
werden. Dies könnte etwa dadurch geschehen, dass nicht unbedingt notwendige<br />
Entscheidungen vermieden werden, die auf Basis unsicheren Wissens getroffen werden<br />
würden.