Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf
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Freund Shaffer die ganzen 3.200 Kilometer Wanderweg ganz für sich allem.<br />
Als Shaffer Anfang August seine Wanderung beendete, auf den Tag genau<br />
vier Monate nach dem Start, und diese einmalige Leistung dem Büro der<br />
Appalachian Trail Conference zur Kenntnis brachte, gab es dort zunächst<br />
niemanden, der ihm Glauben schenkte. Er mußte erst offiziellen Vertretern<br />
seine Fotos und Wander-Tagebücher zeigen und eine, wie er sich in seinem<br />
später erschienenen Reisebericht Walking with Spring ausdrückte, »freundliche<br />
aber eingehende Prüfung« über sich ergehen lassen, bevor man ihm<br />
seine Geschichte schließlich abnahm.<br />
Als sich die Nachricht von Shaffers Wanderung verbreitete, erregte sie<br />
ungeheuer viel Aufsehen. Zeitungsjournalisten reisten für Interviews an,<br />
National Geographie veröffentlichte einen langen Artikel über ihn, und der<br />
Appalachian Trail erlebte ein bescheidenes Revival. Wandern ist allerdings<br />
schon immer ein seltener, geradezu exotischer Zeitvertreib in Amerika gewesen,<br />
und nach wenigen Jahren war der AT außer bei einigen Unnachgiebigen<br />
und Exzentrikern schon wieder weitgehend vergessen. Anfang der<br />
60er Jahre tauchte der Plan auf, den Blue Ridge Parkway, eine malerische<br />
Straße südlich der Smokies, zu verlängern und dafür den entsprechenden<br />
Abschnitt des AT einfach zu überbauen. Der Plan scheiterte – aus Kostengründen,<br />
nicht etwa, weil es einen Aufschrei der Empörung gegeben hätte –,<br />
aber dafür wurde der AT an anderer Stelle beschnitten oder verkam zu einem<br />
matschigen Trampelpfad durch Gewerbegebiet. 1958 wurden, wie<br />
bereits erwähnt, von der Südhälfte, dem Abschnitt zwischen Mount<br />
Oglethorpe und Springer Mountain, 32 Kilometer gekappt. Mitte der 60er<br />
Jahre sah es für jeden sensiblen Beobachter so aus, als würde der AT nur als<br />
ein Sammelsurium unzusammenhängender, hier und da verstreut liegender,<br />
einzelner Wegstrecken überleben – in den Smokies und dem Shenandoah<br />
National Park, quer durch Vermont bis nach Maine –, einsame, übriggebliebene<br />
Abschnitte in dem obligatorischen State Park, aber ansonsten begraben<br />
unter Shopping Mails und Erschließungsprojekten. Weite Strecken des<br />
Trails führten über Privatgrundstücke, und neue Besitzer widerriefen oft das<br />
einstmals inoffiziell erteilte Wegerecht und erzwangen da<strong>mit</strong> eine meist<br />
voreilige und verworrene neue Wegführung entlang befahrener Highways<br />
oder anderer öffentlicher Straßen – was kaum das Erlebnis der Wildnis bot,<br />
das Benton MacKaye im Auge gehabt hatte. Wieder einmal war der AT<br />
bedroht.<br />
Dann wollte es der Zufall, daß Amerika einen Innenminister bekam, der<br />
selbst begeisterter Wanderer war, Stewart Udall. In seiner Amtszeit wurde<br />
1968 der National Trails System Act verabschiedet, ein ehrgeiziges und<br />
weitreichendes Gesetzesvorhaben, das größtenteils nie verwirklicht worden<br />
ist. Es sah neue Wanderwege in einer Gesamtlänge von 40.000 Kilometer