Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf
Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf
Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Martha’s Vineyard auf, wo sich vorher nur Wasser befunden hatte, und hob<br />
neben vielen anderen auch die Becken der Great Lakes, der Hudson Bay<br />
und den kleinen Sunfish Pond aus. Jeder Quadratmeter der Landschaft nördlich<br />
von hier hat Narben, Kerben und andere Spuren der letzten Vereisung<br />
davongetragen – verstreute Felsbrocken, die sogenannten Findlinge, Moränen,<br />
Geschiebehügel, Bergseen, Kare. Ich betrat eine neue Welt.<br />
Über die vielen Eiszeiten der Erde weiß man nur sehr wenig - warum sie<br />
kamen, warum sie aufhörten, ob und wann sie wiederkommen. Eine interessante<br />
Theorie, wenn man an unsere gegenwärtige Sorge um die Erderwärmung<br />
denkt, besagt, daß die Eiszeiten nicht durch sinkende, sondern durch<br />
steigende Temperaturen entstanden sind. Warmes Wetter führe zu stärkerem<br />
Niederschlag, dieser wiederum zu einer dichteren Wolkendecke, was<br />
eine geringere Schneeschmelze in höheren Regionen zur Folge habe. Es<br />
braucht nicht allzu viel schlechtes Wetter, um eine Eiszeit auszulösen.<br />
Gwen Schultz bemerkt dazu in ihrem Buch Ice Age Lost: »Nicht die<br />
Schneemenge allein verursacht Eisdecken, sondern die Tatsache, daß der<br />
Schnee, und sei es noch so wenig, liegenbleibt.« Was den Niederschlag<br />
betrifft, führt sie weiter aus, sei die Antarktis »das trockenste Gebiet der<br />
Erde, trockener als jede Wüste«.<br />
Und noch ein weiterer interessanter Gedanke: Sollten sich heute wieder<br />
neue Gletscher bilden, dann könnten sie sich aus erheblich mehr Wasserreservoirs<br />
speisen als früher – Hudson Bay, die Great Lakes, die 100.000<br />
kleinen Seen in Kanada standen für die letzten Eisdecken noch nicht zur<br />
Verfügung – und würden viel schneller wachsen. Wie würden wir uns verhalten,<br />
sollten in naher Zukunft tatsächlich neue Gletscher vorrücken? Würden<br />
wir sie <strong>mit</strong> TNT oder gar Atomsprengköpfen beschießen? Das ist<br />
durchaus wahrscheinlich. Dabei sollten wir aber eines bedenken: 1964 wurde<br />
Alaska durch das schwerste, jemals in Nordamerika registrierte Erdbeben<br />
erschüttert, von 200.000 Megatonnen geballter Energie, was der zerstörerischen<br />
Kraft von 2.000 Atombomben entspricht. In Texas, 5.000 Kilometer<br />
entfernt, schwappte dabei das Wasser über die Ränder der Swimmingpools,<br />
in Anchorage sackte eine Straße sechs Meter tief ab. Das Erdbeben verwüstete<br />
60.000 Quadratkilometer Wildnis, der größte Teil davon vergletschert.<br />
Und welche Auswirkungen hatte das Erdbeben auf Alaskas Gletscher?<br />
Nicht die geringsten.<br />
Gleich hinter dem See befand sich ein Nebenwanderweg, der Garvey<br />
Springs Trail, der steil bergab, zu einer alten, asphaltierten Straße am Fluß<br />
entlangführte, direkt unterhalb von Tocks Island, und der mich in einem<br />
weiten Bogen zurück zu dem Informationszentrum bringen würde, wo ich<br />
mein Auto abgestellt hatte. Das waren sechseinhalb Kilometer, und es wur-