06.12.2012 Aufrufe

Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

en uns auf den Weg durch den stillen Wald. Wir wanderten von halb acht<br />

bis etwa vier Uhr. Wir gingen selten zusammen, unser Schrittempo paßte<br />

einfach nicht zueinander, aber alle paar Stunden ließ ich mich auf einem<br />

Baumstamm nieder – nicht ohne vorher die Umgebung nach Bären und<br />

Wildschweinen abgesucht zu haben – und wartete ab, bis Katz aufgeholt<br />

hatte, um sicher zu sein, daß auch alles in Ordnung war. Manchmal überholten<br />

mich Wanderer und sagten mir, an welcher Stelle Katz gerade war und<br />

welche Fortschritte er machte, er war fast immer langsamer, aber gut aufgelegt.<br />

Der Trail war für ihn sehr viel beschwerlicher als für mich, aber zu<br />

seinen Gunsten muß ich sagen, daß er sich <strong>mit</strong> Meckern zurückhielt. Ich<br />

vergaß keine Sekunde lang, daß er ja nicht hätte <strong>mit</strong>kommen müssen.<br />

Ich hatte gedacht, wir würden den Massen zuvorkommen, aber in der Region<br />

waren doch schon ziemlich viele Wanderer unterwegs – drei Studenten<br />

von der Rutgers University in New Jersey, ein erstaunlich sportliches älteres<br />

Ehepaar <strong>mit</strong> kleinen Tagesrucksäcken, das zur Hochzeit ihrer Tochter im<br />

fernen Virginia wollte, ein etwas unbedarftes Kerlchen namens Jonathan<br />

aus Florida – <strong>mit</strong> uns zusammen etwa ein Dutzend, die alle Richtung Norden<br />

zogen. Da jeder ein anderes Schrittempo hat und zu unterschiedlichen<br />

Zeiten Pausen einlegt, trifft man unweigerlich irgendwann auf einzelne oder<br />

auf alle Mitwanderer, besonders auf Berggipfeln <strong>mit</strong> Panoramablick, an<br />

Bächen <strong>mit</strong> sauberem Wasser und natürlich an den Schutzhütten, die in<br />

Abständen auf Lichtungen neben dem Trail stehen, angeblich, aber nicht<br />

unbedingt immer jeweils eine Tagesetappe voneinander entfernt. Auf diese<br />

Weise lernt man seine Mitwanderer kennen, wenigstens oberflächlich, noch<br />

besser natürlich, wenn man sie jeden Abend in den Schutzhütten wiedersieht.<br />

Man wird Teil eines bunt zusammengewürfelten Haufens, einer lokkeren,<br />

verständnisvollen Gemeinschaft von Leuten aller Altersgruppen und<br />

sozialen Schichten, die jedoch alle gleichermaßen Wind und Wetter, den<br />

Widrigkeiten des Wanderlebens und der Landschaft ausgesetzt sind, angetrieben<br />

von dem gleichen Impuls, bis nach Maine zu gehen.<br />

Selbst bei Hochbetrieb verschafft einem der Wald noch großartige Momente<br />

der Einsamkeit, und wenn ich stundenlang keine Menschenseele sah,<br />

spürte ich das erhebende Gefühl absoluten Alleinseins. Häufig wartete ich<br />

auf Katz, und es kam kein anderer Wanderer vorbei. Dann ließ ich meinen<br />

Rucksack stehen und ging zurück, um ihn zu suchen, nach ihm zu sehen,<br />

was ihn immer beruhigte. Manchmal winkte er mir schon von weitem <strong>mit</strong><br />

meinem Wanderstab, den ich an einem Baum abgestellt hatte, weil ich mir<br />

die Schuhe zugebunden oder die Tragegurte strammgezogen und ihn dann<br />

vergessen hatte. Wir sorgten füreinander. Das war wirklich schön. Ich kann<br />

es nicht anders sagen.<br />

Gegen vier Uhr suchten wir uns regelmäßig eine Stelle zum Zelten. Einer

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!