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Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

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weht er an zwei von drei Tagen <strong>mit</strong> durchschnittlicher Hurrikanstärke (das<br />

sind 120 Stundenkilometer); auf das ganze Jahr gerechnet, bläst er an 40<br />

Prozent aller Tage <strong>mit</strong> dieser Geschwindigkeit. Wegen der Dauer und der<br />

Strenge des Winters beträgt die durchschnittliche Jahrestemperatur schlappe<br />

-2 Grad Celsius. Das sommerliche Mittel liegt bei etwa zehn Grad Celsius,<br />

gute fünf Grad niedriger als am Fuß des Berges. Es ist ein grausamer Berg,<br />

aber dennoch steigen die Menschen hinauf, manche sogar im Winter.<br />

In ihrem Buch Into the Mountains berichten Maggie Stier und Ron Mc<br />

Adow von zwei Studenten der University of New Hampshire, Derek Tinkham<br />

und Jeremy Haas, die sich vorgenommen hatten, im Januar 1994 den<br />

gesamten Presidential Range abzugehen – sieben Gipfel, einschließlich des<br />

Mount Washington, die alle nach amerikanischen Präsidenten benannt sind.<br />

Beide waren erfahrene Winterwanderer und verfügten über eine gute Ausrüstung,<br />

trotzdem hätten sie sich niemals vorstellen können, worauf sie sich<br />

da eingelassen hatten. In der zweiten Nacht stieg die Windgeschwindigkeit<br />

auf 145 Stundenkilometer, und die Temperatur sank auf -35 Grad Celsius.<br />

Ich habe -30 Grad Celsius erlebt, bei ruhigen Verhältnissen wohlgemerkt,<br />

und ich kann nur sagen, selbst wenn man gut eingepackt ist und noch Restwärme<br />

von der Hütte in sich hat, kann es sehr schnell sehr ungemütlich<br />

werden. Irgendwie überlebten die beiden die Nacht, aber am nächsten Tag<br />

verkündete Haas, er könne keinen Schritt mehr weitergehen. Tinkham half<br />

ihm in den Schlafsack und schleppte sich selbst zur drei Kilometer entfernten<br />

Wetterstation. Er schaffte es gerade noch, trug allerdings schwere Erfrierungen<br />

davon. Seinen Freund fand man am nächsten Tag, »halb aus dem<br />

Schlaf sack gekrochen und steif gefroren«.<br />

Viele andere sind schon bei weniger widrigen Verhältnissen am Mount<br />

Washington umgekommen. Eine der frühesten Katastrophen <strong>mit</strong> grausiger<br />

Berühmtheit war der Tod einer jungen Frau namens Lizzie Bourne, die<br />

1855, kurz nachdem am Mount Washington der Tourismus begonnen hatte,<br />

an einem sommerlichen Septembernach<strong>mit</strong>tag in Begleitung zweier Männer<br />

versuchte, den Berg zu erklimmen. Wie man sich denken kann, schlug das<br />

Wetter um, und die drei verirrten sich im Nebel und wurden getrennt. Die<br />

Männer schafften es noch bis zum Hotel am Gipfel, aber auch erst nach<br />

Einbruch der Dunkelheit. Lizzie Bourne wurde am nächsten Tag nur 50<br />

Meter vom Hoteleingang entfernt gefunden, tot.<br />

Insgesamt haben bisher 122 Menschen ihr Leben am Mount Washington<br />

verloren. Bis vor kurzem, als der Mount Denali in Alaska die traurige Führung<br />

übernahm, war er der »mörderischste« Berg Nordamerikas. Ich hatte<br />

daher, als der unerschrockene Dr. Abdu und ich ein paar Tage später zu<br />

unserem zweiten großen Aufstieg am Fuß des Berges vorfuhren, genug<br />

Reservekleidung dabei, um die Arktis zu durchqueren – Regencape, Woll-

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