Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf
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pullover, Jacke, Handschuhe, eine Ersatzhose und lange Unterwäsche. Ich<br />
wollte mich nicht noch einmal halb zu Tode frieren.<br />
Am Mount Washington, <strong>mit</strong> ansehnlichen 1.916 Metern der höchste Berg<br />
nördlich der Smokies und östlich der Rockies, gibt es nur wenige klare Tage<br />
im Jahr, und heute war so ein Tag, weshalb die Menschen in Massen herbeiströmten.<br />
Ich zählte bereits über 70 Autos am Pinkham Notch Visitor<br />
Center, als wir dort morgens um zehn nach acht ankamen, und <strong>mit</strong> jeder<br />
Minute wurden es mehr. Mount Washington ist der beliebteste Gipfel in den<br />
White Mountains und der Tuckerman Ravine Trail, die Route, für die wir<br />
uns entschieden hatten, der beliebteste Wanderweg. Schätzungsweise<br />
60.000 Hiker wählen jährlich die Tuckerman-Route, allerdings lassen viele<br />
sich bis nach oben fahren und gehen dann zu Fuß hinunter, weshalb die<br />
Zahl vielleicht ein etwas schiefes Bild ergibt. Jedenfalls war es für einen<br />
schönen, warmen, vielversprechenden Tag <strong>mit</strong> strahlend blauern Himmel<br />
Ende Juli nicht überdurchschnittlich voll.<br />
Der Aufstieg war einfacher, als ich zu hoffen gewagt hatte. Ich konnte mich<br />
immer noch nicht so recht an das Bergwandern ohne schweres Gepäck<br />
gewöhnen. Das macht enorm viel aus. Ich möchte nicht behaupten, daß wir<br />
hinaufrannten, aber wenn man bedenkt, daß wir auf knapp 5.000 Metern<br />
Anstieg einen Höhenunterschied von l .370 Metern zu bewältigen hatten,<br />
gingen wir ein ziemlich flottes Tempo. Wir brauchten zwei Stunden und<br />
vierzig Minuten (<strong>Bill</strong>s Wanderführer für die White Mountains veranschlagt<br />
eine Gehzeit von vier Stunden und 15 Minuten), worauf wir ziemlich stolz<br />
waren.<br />
Sicher gibt es anspruchsvollere und faszinierendere Gipfel entlang des Appalachian<br />
Trail zu erklimmen als den Mount Washington, aber bei keinem<br />
erlebt man solche Überraschungen. Man kämpft sich den letzten Abschnitt<br />
des steinigen Steilhangs dieser insgesamt doch recht ansehnlichen Erhebung<br />
hoch, guckt über den Rand und wird ausgerechnet von einem riesigen, asphaltierten<br />
Parkplatz, voller in der heißen Sonne schimmernder Autos, empfangen.<br />
Dahinter liegen verstreut einige Gebäude, zwischen denen sich<br />
Massen von Menschen in Shorts und Baseballkappen tummeln. Es herrscht<br />
eine Atmosphäre wie auf einem Jahrmarkt, den man groteskerweise auf<br />
einen Berggipfel verlegt hat. Man gewöhnt sich daran, auf den Gipfeln<br />
entlang des AT keinen Menschen anzutreffen, und wenn, dann sind es immer<br />
nur wenige, die sich außerdem alle genau wie man selbst abgerackert<br />
haben, um es bis nach oben zu schaffen. Im Vergleich dazu war dieser<br />
Menschenauflauf hier einfach überwältigend. Mount Washington läßt sich<br />
bequem <strong>mit</strong> dem Auto über eine Mautstraße erreichen, die in Serpentinen<br />
am Hang verläuft, oder <strong>mit</strong> einer Zahnradbahn von der anderen Seite, und<br />
Hunderte Menschen – Aberhunderte, wie mir schien – hatten von diesen