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Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

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schönen Tages nur noch Erinnerung sein würde, kamen zwei Burschen, die<br />

aussahen wie Klone der beiden jungen Männer vom Vortag, selbstsicheren<br />

Schrittes und Wasser spritzend vorbeigeschlendert, ihre Rucksäcke über<br />

ihre Köpfe haltend.<br />

»Hingefallen?« sagte der eine munter.<br />

»Nein. Ich wollte mir nur mal das Wasser von unten ansehen.« Schlaumeier.<br />

Ich ging zurück ans Ufer, zog meine durchweichten Schuhe an und stellte<br />

fest, daß es deutlich einfacher war, den Fluß <strong>mit</strong> festem Schuhwerk statt<br />

barfuß zu durchqueren. Ich konnte mich einigermaßen aufrecht halten, und<br />

die Steine schmerzten auch nicht mehr so wie vorhin an den nackten Füßen.<br />

Ich ging vorsichtig, überrascht von der starken Strömung in der Mitte –<br />

jedesmal, wenn ich ein Bein hob, wollte der Wasserdruck es weiter stromabwärts<br />

absetzen, so als gehörte es zu einem Klapptisch –, aber der Fluß<br />

war an keiner Stelle tiefer als einen knappen Meter, und ich gelangte ohne<br />

einen weiteren Sturz ans andere Ufer.<br />

Katz hatte in der Zwischenzeit eine andere Methode entdeckt, den Fluß zu<br />

durchqueren. Er benutzte die Brocken im Wasser als Trittsteine, fiel aber<br />

zum Schluß <strong>mit</strong>ten in einen tosenden Strudel an einer Stelle, die ziemlich<br />

tief aussah. Er stand da, die Stirn in Falten. Ich konnte mir beim besten<br />

Willen nicht erklären, wie er dahingeraten war – der Brocken ragte einsam<br />

aus der weiten Wasserfläche heraus, um ihn herum lauter gefährliche<br />

Stromschnellen. Katz wußte nicht ein noch aus. Er versuchte, sich langsam<br />

in das silbrig schimmernde Wasser hinabzulassen und die letzten zehn Meter<br />

zum Ufer zu waten, wurde aber auf der Stelle wie ein Spielzeugboot<br />

weggeschwemmt. Zum zweiten Mal innerhalb von 48 Stunden dachte ich,<br />

er würde ertrinken – er machte jedenfalls einen ziemlich hilflosen Eindruck<br />

–, aber die Strömung trieb ihn zu einer seichten Stelle <strong>mit</strong> glitzernden Kieselsteinen<br />

sechs Meter stromabwärts, wo er Wasser spuckend auf alle viere<br />

kam, ans Ufer kroch und gleich weiter in den Wald stiefelte, ohne einen<br />

Blick zurückzuwerfen, als handele es sich um die normalste Sache der Welt.<br />

Und so ging es im Eiltempo bis nach Monson, über einen beschwerlichen<br />

Pfad und durch noch mehr Flüsse. Unterwegs sammelten wir Narben und<br />

Schrammen auf unserer Haut, und die Insektenstiche verwandelten unseren<br />

Rücken in eine Reliefkarte. Am dritten Tag kamen wir wie benommen vor<br />

lauter Wald und verdreckt an eine sonnenbeschienene Straße, die erste seit<br />

Caratunk. Das letzte Stück bis zu dem verlassenen Flecken Monson war ein<br />

Sommerspaziergang. Unweit vom Zentrum des Städtchens befand sich ein<br />

altes, <strong>mit</strong> Schindeln verkleidetes Haus. Im Vorgarten stand eine bemalte<br />

Holzskulptur, ein bärtiger Hiker, der ein Schild trug: »Willkommen bei<br />

Shaw’s.«

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