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Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

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Das Shaw’s ist das berühmteste Gästehaus am Appalachian Trail, zum einen,<br />

weil es die letzte zivilisierte Rast für jeden ist, der sich auf die Hundred-Mile-Wilderness-Tour<br />

begibt, und umgekehrt die erste, für alle, die sie<br />

gerade hinter sich gelassen haben, zum anderen aber auch, weil in dem<br />

Haus eine freundliche Atmosphäre herrscht und es preisgünstig ist. Für 28<br />

Dollar pro Person bekamen wir ein Zimmer, Abendessen und Frühstück und<br />

konnten dazu kostenlos Dusche, Waschmaschine und den Aufenthaltsraum<br />

benutzen. Das Haus wird von Keith und Pat Shaw geführt. Die Gründung<br />

ihrer Herberge vor 20 Jahren verdankten die beiden einem Zufall. Keith<br />

brachte eines Tages einen ausgehungerten Wanderer <strong>mit</strong> nach Hause, der<br />

später weitererzählte, wie nett man ihn hier aufgenommen hatte. Bereits<br />

wenige Wochen danach, berichtete Keith stolz, als wir uns ins Gästebuch<br />

eintrugen, hätten sie den zwanzigtausendsten Hiker begrüßen können.<br />

Es war noch eine Stunde Zeit bis zum Abendessen. Katz lieh sich fünf Dollar<br />

von mir – für Limonade, wie ich annahm – und verschwand auf sein<br />

Zimmer. Ich duschte, stopfte einen Haufen Wäsche in die Maschine und<br />

ging nach draußen auf den Rasen vor dem Haus, wo ein paar robuste Gartenstühle<br />

standen, auf die ich meinen müden Leib zu betten gedachte. Ich<br />

wollte mir eine Pfeife anzünden und mich der glückseligen Behaglichkeit<br />

eines sommerlichen Spätnach<strong>mit</strong>tags und der angenehmen Vorfreude auf<br />

ein wohlverdientes Abendessen hingeben. Aus einem Fenster in der Nähe<br />

hörte ich das Klappern von Pfannen, wenig später ein Brutzeln. Ich wußte<br />

nicht, was dort gebraten wurde, aber es roch lecker.<br />

Nach einer Minute trat Keith vor die Tür und setzte sich zu mir. Keith war<br />

ein alter Mann, weit über 60, er hatte fast keine Zähne mehr und einen Körper,<br />

der so aussah, als hätte er schon so manches aushaken müssen. Keith<br />

war ziemlich nett.<br />

»Du hast doch hoffentlich nicht den Hund gestreichelt, oder?« sagte er.<br />

»Nein.« Ich hatte das Tier vom Fenster aus gesehen, ein häßlicher, bösartiger<br />

Mischling, der auf der Rückseite des Hauses angebunden war und sich<br />

bei jedem Geräusch und jeder kleinsten Bewegung im Umkreis von 100<br />

Metern unangemessen in Rage kläffte.<br />

»Nicht, daß du auf die Idee kommst, ihn zu streicheln. Laß dir das gesagt<br />

sein: bloß nicht den Hund streicheln. Gerade letzte Woche hat einer ihn<br />

gestreichelt, obwohl ich ihn gewarnt hatte. Der Hund hat ihm in die Eier<br />

gebissen.«<br />

»Wirklich?«<br />

Er nickte. »Er wollte gar nicht wieder loslassen. Du hättest den Kerl jaulen<br />

hören sollen.«<br />

»Wirklich?«<br />

»Ich mußte dem Hund eins <strong>mit</strong> der Hake überbraten, da<strong>mit</strong> er losließ. Glaub

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