Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf
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<strong>mit</strong>genommen. Mount Moosilauke ist 1.463 Meter hoch und sehr steil.<br />
Befreit von jeglicher Last auf dem Rücken konnte ich ohne Pause glatt<br />
durchmarschieren -eine neue und erfreuliche Erfahrung. Der Ausblick vom<br />
Gipfel war phantastisch, ein Panoramablick, aber ohne anständigen Rucksack<br />
und ohne Katz war das alles nicht das Wahre. Um vier Uhr war ich<br />
wieder zu Hause. Irgend etwas stimmte einfach nicht. Man wandert nicht<br />
den Appalachian Trail entlang, und geht dann nach Hause und mäht den<br />
Rasen.<br />
Ich war so lange <strong>mit</strong> der Vorbereitung und der Durchführung des ersten<br />
Teils der Wanderung beschäftigt gewesen, daß ich nicht aufhören konnte,<br />
mir auszurechnen, wo ich zu diesem Zeitpunkt <strong>mit</strong>tlerweile gewesen wäre.<br />
In Wirklichkeit stand ich jetzt allein da, ohne meinen Wandergefährten,<br />
weit entfernt von der Stelle, wo wir den Trail verlassen hatten, und hinkte<br />
dem rührend optimistischen Zeitplan, den ich vor nunmehr fast einem Jahr<br />
aufgestellt hatte, hoffnungslos hinterher. Danach wäre ich jetzt irgendwo in<br />
New Jersey gewesen, munter Kilometer fressend, bis zu 50 am Tag.<br />
Ich mußte den Plan meinen Verhältnissen anpassen, soviel stand fest. Aber<br />
ich konnte noch so komplizierte Zahlenspielereien anstellen, selbst wenn<br />
ich das riesige Teilstück, das Katz und ich ausgelassen hatten, indem wir<br />
einfach von Gatlinburg nach Roanoke vorgesprungen waren, unberücksichtigt<br />
ließ: Es war völlig klar, daß ich die ganze Strecke niemals in einer Saison<br />
schaffen würde. Angenommen, ich würde in Front Royal, wo wir den<br />
Trail verlassen hatten, meine Wanderung nach Norden wieder aufnehmen,<br />
dann könnte ich froh sein, wenn ich im Winter Vermont erreichte, 800 Kilometer<br />
vom Mount Katahdin, dem Endpunkt des Trails, entfernt.<br />
Diesmal wäre auch der kindlich unschuldige Reiz des Neuen nicht mehr<br />
dabei, jener erwartungsfrohe, gespannte Schauder, der sich einstellt, wenn<br />
man <strong>mit</strong> einer nagelneuen Ausrüstung loszieht. Diesmal wußte ich genau,<br />
was mich erwartete – viele, viele Kilometer einer schwierigen Strecke,<br />
steile, felsige Berge, harte Böden in den Schutzhütten, heiße Tage ohne die<br />
Möglichkeit, sich zu waschen, unbefriedigende, auf einem launischen Kocher<br />
zubereitete Mahlzeiten. Hinzu kamen die durch warme Witterung bedingten<br />
Gefahren: schlimme Gewitter <strong>mit</strong> heftigen Blitzen, bißfreudige<br />
Klapperschlangen, fieberauslösende Zecken, hungrige Bären und schließlich,<br />
nicht zu vergessen, herumstreunende Mörder, die unversehens und<br />
grundlos zustechen, wie die Berichte über den Tod der beiden im Shenandoah<br />
National Park umgebrachten Frauen zeigten.<br />
Es war mehr als entmutigend. Das Beste, was ich tun konnte, war – das<br />
Beste daraus zu machen. Jedenfalls mußte ich es versuchen. Jeder zu Hause,<br />
der mich kannte (zugegeben sind das nicht so viele, aber immerhin genügend,<br />
als daß ich ständig in Hauseingänge hätte huschen müssen, wenn mir