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Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

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»Und bestellt bloß nicht das Philly-Sandwich, wenn ihr nicht die ganze<br />

Nacht kotzen wollt«, tönte eine schwache, aber aufrichtige Stimme von<br />

einer finsteren Koje in der Ecke.<br />

»Das ist Tex«, erklärte Fleming. Wir nickten.<br />

Katz suchte sich das oberste Bett aus und begab sich an die langwierige,<br />

herausfordernde Aufgabe, es zu erklimmen. Ich ging zu meiner eigenen<br />

Koje und untersuchte sie fasziniert und angewidert zugleich. Nach den<br />

Flecken auf der Matratze zu urteilen, hatte der letzte Benutzer nicht an Inkontinenz<br />

gelitten, sondern sich vielmehr ihrer erfreut. Offenbar hatte er das<br />

Kissen in seine Freuden <strong>mit</strong> einbezogen. Ich nahm es in die Hand und roch<br />

daran, was ich lieber hätte bleiben lassen sollen. Ich breitete meinen Schlafsack<br />

aus, hängte ein Paar Socken über den Ofen und noch ein paar andere<br />

Sachen zum Trocknen auf, setzte mich dann auf die Bettkante und verbrachte<br />

eine gemütliche halbe Stunde gemeinsam <strong>mit</strong> dem Rest der Stube da<strong>mit</strong>,<br />

Katz bei seinem verbissenen Kampf, in die Koje zu gelangen, zuzuschauen.<br />

Es wurde alles geboten, tiefes Grunzen, zappelnde Beine, Flüche und Aufforderungen<br />

an die Zuschauer, sie könnten ihn gefälligst mal am Arsch<br />

lecken. Ich konnte von meinem Platz aus allerdings nur seinen enormen<br />

Hintern und seine Gliedmaßen erkennen.<br />

Seine Haltung ließ an einen Schiffbrüchigen denken, der sich an einem in<br />

der rauhen See treibenden Wrackteil festhielt, oder an jemanden, der von<br />

einem Wetterballon, den er gerade hatte starten wollen, unerwarteterweise<br />

in die Luft hochgehoben worden war – auf alle Fälle an jemand, der sich in<br />

einer gefährlichen Situation ans Leben klammerte. Ich packte mein Kissen,<br />

ging zu ihm und fragte ihn, warum er nicht einfach mein Bett nahm.<br />

Sein Gesicht war erhitzt und zerfurcht, ich bin mir nicht einmal sicher, ob er<br />

mich in diesem Moment erkannte. »Weil Wärme nach oben steigt, deswegen«,<br />

sagte er, »und wenn ich oben bin -falls es je dazu kommen sollte –,<br />

dann lasse ich mich schön rösten.« Ich nickte zustimmend – wenn Katz aus<br />

der Puste war oder sich in etwas verbissen hatte, war es sinnlos, vernünftig<br />

<strong>mit</strong> ihm zu diskutieren – und nutzte die Gelegenheit, heimlich unsere Kissen<br />

zu tauschen.<br />

Als das Bild des Jammers einfach nicht mehr zu ertragen war, schubsten wir<br />

Katz zu dritt hoch. Er plumpste schwer auf, wobei die Holzbretter beängstigend<br />

knackten, was den armen stillen Manninder Koje darunter in Panik<br />

versetzte. Dann verkündete Katz, er werde sich so lange nicht vom Fleck<br />

rühren, bis aller Schnee geschmolzen sei und der Frühling in den Bergen<br />

Einzug gehalten habe. Da<strong>mit</strong> kehrte er uns den Rücken zu und schlief ein.<br />

Ich stapfte durch den Schnee hinüber in den Waschraum, aus purer Lust, in<br />

eisiges Wasser zu patschen, begab mich dann zu dem Laden und lungerte<br />

<strong>mit</strong> einem halben Dutzend anderer Leute um den Ofen herum. Was sollte

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