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Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

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des Piney Mountain, der nicht auf der Karte eingezeichnet ist und <strong>mit</strong> knapp<br />

460 Metern eigentlich auch kein richtiger Berg ist. Trotzdem stellte er an<br />

einem warmen Sommertag wie heute eine Herausforderung dar. Außerhalb<br />

des Parks befindet sich eine Tafel, die die traditionelle, aber rein theoretische<br />

Mitte des Appalachian Trail markiert, <strong>mit</strong> 1.738,36 Kilometern Fußweg<br />

in beide Richtungen. Da niemand genau sagen kann, wie lang der AT<br />

tatsächlich ist, liegt die Mitte wahrscheinlich irgendwo 80 Kilometer weiter<br />

links oder rechts von dem angezeigten Punkt; auf jeden Fall verschiebt sie<br />

sich wegen der dauernden Änderung des Wegverlaufs jedes Jahr. Zwei<br />

Drittel der Weitwanderer bekommen den Punkt ohnehin nie zu sehen, weil<br />

sie bis dahin längst aufgegeben haben. Eigentlich muß es doch ein enttäuschender<br />

Moment sein, wenn man sich zehn, elf Wochen lang durch bergige<br />

Wildnis gequält hat und einem an dieser Stelle klar wird, daß man trotz aller<br />

Strapazen erst die Hälfte geschafft hat.<br />

Hier ungefähr fand auch einer der berüchtigteren Morde des Trail statt, der<br />

Mord, der im Zentrum des Buches Eight Bullets steht, das ich in der Hauptgeschäftsstelle<br />

des ATC gekauft hatte. Die Geschichte ist schnell erzählt. Im<br />

Mai 1988 erregten zwei junge Hiker, Rebecca Wight und Claudia Brenner,<br />

die zufällig auch lesbisch waren, die Aufmerksamkeit eines gestörten Mannes<br />

<strong>mit</strong> einem Gewehr, der aus der Ferne achtmal auf die beiden schoß, als<br />

sie auf einer laubübersäten Lichtung neben dem Trail <strong>mit</strong>einander schliefen.<br />

Wight wurde getötet. Claudia Brenner gelang es, schwer verwundet, den<br />

Hügel hinunterzulaufen, auf eine Straße, wo sie von Jugendlichen, die in<br />

einem Pick-up vorbeifuhren, gerettet wurde. Der Mörder wurde schnell<br />

gefaßt und verurteilt.<br />

Im Jahr darauf wurden in einer Schutzhütte ein paar Kilometer nördlich von<br />

hier ein junger Mann und eine Frau von einem herumstreunenden Mann<br />

ermordet, was Pennsylvania für eine Weile einen schlechten Ruf einbrachte,<br />

aber dann kam es sieben Jahre lang zu keinen weiteren Morden entlang des<br />

AT, bis zu dem gewaltsamen Tod der beiden jungen Frauen kürzlich im<br />

Shenandoah National Park. Ihr Tod erhöhte die offizielle Zahl der Mordfälle<br />

auf neun – eine recht hohe Zahl für einen Wanderweg, daran gibt es<br />

nichts zu deuteln –, obwohl es in Wahrheit vermutlich mehr waren. Zwischen<br />

1946 und 1950 verschwanden drei Personen während einer Wanderung<br />

durch ein relativ kleines Gebiet in Vermont, aber sie sind in der Zählung<br />

nicht berücksichtigt – ob das daran liegt, daß es so lange her ist oder<br />

weil nie abschließend geklärt wurde, ob sie ermordet wurden, kann ich nicht<br />

sagen. Ein Bekannter in New England erzählte mir außerdem von einem<br />

älteren Ehepaar, das in den 70er Jahren in Maine von einem Mann <strong>mit</strong> einer<br />

Axt umgebracht worden war, aber auch dieser Fall taucht in der Statistik<br />

nicht auf, denn offenbar befanden sich die beiden auf einem Nebenwander-

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