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Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

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Grünanlage, <strong>mit</strong> Fahnenmast, an dem das Sternenbanner wehte. Das Geschäft<br />

war offenbar immer noch in Betrieb, aber innen brannte kein Licht,<br />

und es war niemand da. Es war überhaupt kein Mensch zu sehen – wie mir<br />

jetzt auffiel –, nicht ein einziges Geräusch zu hören, außer dem Klirren<br />

eines Eisenrings, der gegen den Fahnenmast schlug. Auf den freien<br />

Grundstücken befanden sich hier und da Metallröhren, die wie Ölfässer in<br />

die Erde hinabgelassen worden waren und leise Rauch absonderten.<br />

Oben auf einem sanft ansteigenden Hügel, der sich über die Breite mehrerer<br />

abgeräumter Grundstücke erstreckte, stand eine ziemlich große moderne<br />

Kirche in eine weiße Rauchglocke gehüllt, vermutlich St. Ignatius. Ich stieg<br />

hinauf. Die Kirche sah durchaus noch stabil und benutzbar aus, die Fenster<br />

waren nicht vernagelt, und ich sah auch kein Schild »Betreten verboten«.<br />

Der Eingang war verschlossen, und es gab keine Informationstafel <strong>mit</strong> den<br />

Anfangszeiten der Gottesdienste oder dergleichen, nicht mal der Name der<br />

Kirche und ihre Konfession standen angeschlagen. Drumherum qualmte der<br />

Boden, und auf der Rückseite quollen auf einer großen Fläche ganze Rauchschwaden<br />

aus der Erde. Ich durchschritt das Gelände und fand mich am<br />

Rand eines riesigen Kessels wieder, etwa halb so groß wie ein Fußballfeld,<br />

der dicken, wolkenartigen, hellweißen Rauch ausstieß, wie er beim<br />

Verbrennen von Autoreifen oder alten Decken entsteht. Ich konnte in der<br />

dicken Suppe unmöglich erkennen, wie tief das Loch war. Der Boden fühlte<br />

sich warm an und war <strong>mit</strong> einer feinen Ascheschicht bedeckt.<br />

Ich begab mich wieder zum Eingang der Kirche. Eine schwere, querstehende<br />

Straßensperre blockierte die Zufahrt zu der alten Straße, und ein neuer<br />

Highway führte über einen Nachbarhügel um die Stadt herum. Ich stieg<br />

über die Straßensperre und ging ein Stück den alten Highway 61 entlang.<br />

Unkraut wuchs in Büscheln hier und da aus der Asphaltdecke hervor, aber<br />

die Straße an sich sah noch immer befahrbar aus. Zu beiden Seiten qualmte<br />

das Land auf unübersichtlicher Fläche düster vor sich hin, wie nach einem<br />

Waldbrand. Ungefähr 50 Meter weiter war in der Mitte der Straße ein gezackter<br />

Riß zu sehen, der rasch zu einer breiten Spalte wurde, aus der noch<br />

mehr Qualm aufstieg. An manchen Stellen der Spalte war die Fahrbahn auf<br />

einer Seite 30 bis 40 Zentimeter tief abgesunken oder hatte sich zu einer<br />

rinnenartigen Vertiefung verformt. Ab und an schaute ich in die Spalte<br />

hinunter, konnte aber wegen des Rauchs, der sich als unangenehm beißend<br />

und schwefelhaltig erwies, als eine Windböe ihn mir ins Gesicht wehte,<br />

nicht sehen, wie tief sie reichte.<br />

Ich ging eine Weile an der Spalte entlang, untersuchte sie <strong>mit</strong> ernster Miene,<br />

wie ein Ingenieur vom Straßenbauamt, bevor mein Blick ziellos umherschweifte<br />

und mir dämmerte, daß ich mich <strong>mit</strong>ten, geradezu im Zentrum<br />

einer unentwegt qualmenden Landschaft befand, auf einer vermutlich

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