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Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

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eiden Möglichkeiten Gebrauch gemacht. Überall wimmelte es von Leuten.<br />

Sie sonnten sich, beugten sich über das Geländer der Aussichtsterrassen,<br />

schlenderten zwischen den Souvenirläden und den Fastfood-Restaurants hin<br />

und her. Ich kam mir vor wie ein Besucher von einem anderen Stern und<br />

fand es wunderbar. Es war natürlich der reinste Alptraum und eine Schändung<br />

des höchsten Berges im Nordosten der Vereinigten Staaten, aber ich<br />

war froh, daß sich das alles wenigstens nur an einem Ort abspielte. Das<br />

machte den Rest des Trails perfekt.<br />

Das Zentrum der Aktivität bildete ein scheußlicher Betonbau, das Sum<strong>mit</strong><br />

Information Center, <strong>mit</strong> großen Fenstern, breiten Aussichtsplattformen und<br />

einer ausgesprochen gut besuchten Cafeteria. Gleich hinter dem Eingang<br />

hing eine lange Liste all derer, die am Berg umgekommen waren, dazu<br />

jeweils die Ursache, angefangen <strong>mit</strong> einem gewissen Frederick Strickland<br />

aus Bridlington, Yorkshire, der sich im Oktober 1849 während eines Sturms<br />

verirrt hatte, gefolgt von einer imposanten Aufzählung aller Unglücksfälle,<br />

die <strong>mit</strong> dem Lawinentod zweier Hiker vor gerade einmal drei Monaten<br />

endete. 1996 waren bereits drei Menschen an den Hängen des Mount Washington<br />

ums Leben gekommen, und das Jahr war noch nicht vorbei – eine<br />

ernüchternde Bilanz. Es gab auf der Tafel noch reichlich Platz für weitere<br />

Todesfälle.<br />

Im Kellergeschoß befand sich ein kleines Museum, das über Klima, geologische<br />

Beschaffenheit und die einzigartige Pflanzenwelt des Mount Washington<br />

informierte; meine besondere Aufmerksamkeit erregte jedoch ein<br />

witziger Kurzfilm <strong>mit</strong> dem Titel »Frühstück der Champions«, den die Meteorologen<br />

wahrscheinlich zu ihrem eigenen Vergnügen gedreht hatten. Er<br />

war <strong>mit</strong> einer fixierten Kamera auf der Gipfelterrasse aufgenommen worden.<br />

Man sieht darin einen Herrn bei einer der berüchtigten Sturmböen am<br />

Tisch sitzen, so als befände er sich in einem Gartenlokal. Während der Gast<br />

versucht, <strong>mit</strong> den Armen den Tisch festzuhalten, nähert sich ein offensichtlich<br />

<strong>mit</strong> äußerster Anstrengung gegen den Wind ankämpfender Kellner. Es<br />

sieht aus, als würde er in 10.000 Meter Höhe auf der Tragfläche eines Flugzeugs<br />

wandeln. Er versucht, dem Gast Cornflakes in eine Schale zu schütten,<br />

aber alles fliegt waagrecht aus der Pappschachtel heraus. Dann fügt der<br />

Kellner Milch hinzu, aber die spritzt ebenfalls seitlich weg und landet auf<br />

dem Gast – ein besonders lustiger Moment. Dann fliegt die Schale davon,<br />

danach das Besteck, wenn ich mich recht entsinne, schließlich macht sich<br />

der Tisch selbständig, und da<strong>mit</strong> endet der Film. Er war so nett, daß ich ihn<br />

mir zweimal anschaute; dann begab ich mich auf die Suche nach <strong>Bill</strong>, da<strong>mit</strong><br />

er ihn sich auch ansah. Ich konnte ihn in dem Gewimmel nicht entdecken,<br />

also ging ich nach draußen auf die Plattform und schaute zu, wie die Zahnradbahn<br />

schnaufend den Berg hinauf kroch und auf ihrer Fahrt schwarzen

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