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Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

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Rucksack beladen war und <strong>mit</strong> den Gedanken woanders war, aber ich entdeckte<br />

keine Spur von Katz. Ich folgte dem Trail noch drei Kilometer weiter<br />

durch das Tal und wieder hinauf zu einem hohen Felsgipfel, der sich<br />

Fourth Mountain nannte. Oben bot sich ein unglaublich weiter Ausblick in<br />

alle Richtungen, die Wildnis war mir noch nie so riesig erschienen. Ich rief<br />

wieder mehrmals laut Katz’ Namen, aber ich erhielt keine Antwort.<br />

Mittlerweile war es später Nach<strong>mit</strong>tag, Katz war jetzt schon vier Stunden<br />

ohne einen Tropfen Wasser. Ich hatte keine Ahnung, wie lange ein Mensch<br />

bei dieser Hitze ohne Wasser auskommen konnte, aber ich wußte aus eigener<br />

Erfahrung, daß es nach einer halben Stunde Marschierens ziemlich<br />

ungemütlich werden konnte. Mir sank der Mut bei dem Gedanken, daß er<br />

von oben vielleicht einen anderen See entdeckt hatte – in dem Tal, über 600<br />

Meter unter uns, lag verstreut ein halbes Dutzend Seen – und in seiner Verwirrung<br />

beschlossen hatte, querfeldein zu gehen. Auch wenn er nicht verwirrt<br />

war, hatte ihn vielleicht der Durst dazu getrieben, sich auf den Weg zu<br />

einem dieser Seen zu machen. Sie sahen herrlich und einladend aus. Der<br />

nächste war nur drei Kilometer weit entfernt, aber es gab keinen angelegten<br />

Pfad dorthin, und man hätte einen gefährlichen Abhang im Wald hinunterklettern<br />

müssen. Mitten im Wald, ohne jede Orientierung, kann man einen<br />

Weg leicht um 1.000 Meter verfehlen. Andererseits konnte es auch passieren,<br />

daß man nur 50 Meter davon entfernt war und es nicht wußte, so wie es<br />

uns ein paar Tage vorher <strong>mit</strong> dem Pleasant Pond ergangen war. Und wenn<br />

man sich in diesen riesigen Wäldern erstmal richtig verirrt hatte, konnte<br />

man ohne weiteres darin den Tod finden. So einfach war das. Es würde<br />

niemand kommen, um einen zu retten. Kein Hubschrauber würde einen<br />

durch die dichte Blätterdecke hindurch von oben sehen. Keine Rettungsmannschaften<br />

würden einen finden. Wahrscheinlich würde nicht mal eine<br />

aufbrechen, um nach einem zu suchen. Es gab Bären in dieser Gegend,<br />

Bären, die wahrscheinlich noch nie einen Menschen gesehen hatten. Ich<br />

bekam regelrecht Kopfschmerzen bei dem Gedanken, was Katz alles zugestoßen<br />

sein konnte.<br />

Ich ging zurück zu der Abzweigung zum Cloud Pond und hoffte, inständiger<br />

als ich je in meinen Leben etwas gehofft hatte, daß er auf seinem Rucksack<br />

saß und es eine witzige, von mir bisher nur noch nicht berücksichtigte<br />

Erklärung für alles gab, etwa, daß wir permanent aneinander vorbeigelaufen<br />

waren, wie in einer Slapstick-Komödie: Er wartet verdutzt neben meinem<br />

Rucksack, geht dann los und sucht mich, ich komme eine Sekunde später,<br />

warte verwundert auf ihn und gehe dann auch los – aber ich ahnte, daß er<br />

nicht da sein würde, und so war es auch. Es war fast dunkel, als ich an die<br />

Stelle kam. Ich schrieb nochmal eine Nachricht und legte sie unter einen<br />

Stein <strong>mit</strong>ten auf dem Trail – nur für den Fall –, setzte den Rucksack auf und

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