Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf
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Die Bauten des Army Corps of Engineers sind berüchtigt für ihre schlechte<br />
Qualität. Ein Damm über den Missouri River in Nebraska verschlammte so<br />
stark, daß ein widerlicher Schlick in die Kanalisation von Niobrara drang,<br />
was schließlich zur Zwangsevakuierung der Stadt führte. Einmal brach ein<br />
vom Corps of Engineers errichteter Damm in Idaho. Zum Glück geschah es<br />
in einem dünn besiedelten Gebiet, und es hatte eine Vorwarnung gegeben.<br />
Dennoch wurden viele Kleinstädte überschwemmt, und elf Menschen verloren<br />
ihr Leben. Aber das waren alles kleine Dämme. Mit dem Bau von Tocks<br />
Island wäre eines der größten Wasserreservoires der Welt entstanden, die<br />
Wassermassen des 65 Kilometer langen Sees hätten gegen das Bauwerk<br />
gedrückt. Flußabwärts befanden sich vier große Städte, Trenton, Camden,<br />
Wilmington, Philadelphia und Hunderte kleinerer Gemeinden. Eine Katastrophe<br />
am Delaware hätte alles bisher Dagewesene in den Schatten gestellt.<br />
Und jetzt schickte sich das rührige Army Corps of Engineers an, 950 Millionen<br />
Kubikmeter Wasser <strong>mit</strong> Moränenschutt zu stauen, der berüchtigt ist<br />
für seine Instabilität. Darüber hinaus gab es umweltpolitische Bedenken –<br />
zum Beispiel würde der Salzgehalt im Boden unter dem Damm gefährlich<br />
steigen und das ökologische Gleichgewicht flußabwärts zerstören, von den<br />
Austernbänken der Delaware Bay ganz zu schweigen.<br />
Nach jahrelangem zunehmenden Widerstand, der nicht allein aus dem Delaware<br />
Valley kam, sondern sich darüber hinaus ausweitete, wurde der Plan<br />
1992 endlich auf Eis gelegt, aber bis dahin waren bereits Farmhäuser und<br />
ganze Dörfer dem Erdboden gleichgemacht worden. Ein stilles, einsames,<br />
wunderschönes Tal, das sich in 200 Jahren kaum verändert hatte, war für<br />
immer verloren. »Für den AT ergab sich aus dem (aufgegebenen) Projekt<br />
ein Vorteil«, heißt es dazu im Appalachian Trail Guide to New York and<br />
New Jersey, »das vom Staat gekaufte Land für das geplante Naherholungsgebiet<br />
ist heute ein geschützter Korridor.«<br />
Solche Sprüche konnte ich allmählich nicht mehr hören. Ich weiß, daß der<br />
Appalachian Trail einem die Wildnis näherbringen soll, und ich sehe ein,<br />
daß es zahlreiche Gebiete gibt, wo der Eingriff des Menschen eine Tragödie<br />
bedeuten würde, aber manchmal, so wie hier, reagiert die ATC geradezu<br />
pathologisch auf menschlichen Kontakt. Ich hätte nichts dagegen gehabt,<br />
zur Abwechslung mal durch ein Dörfchen zu wandern, vorbei an Farmen,<br />
statt durch einen totenstillen »geschützten Korridor«.<br />
Zweifellos hat das alles <strong>mit</strong> unserem historisch begründeten Drang, die<br />
Wildnis zu zähmen und auszubeuten, zu tun, aber Amerikas Einstellung zur<br />
Natur ist in vieler Hinsicht sehr sonderbar. Ich konnte nicht umhin, meine<br />
Erfahrungen auf dem AT <strong>mit</strong> einer anderen Wanderung zu vergleichen, die<br />
ich ein paar Jahre zuvor durch Luxemburg gemacht hatte, und zwar im Auftrag<br />
einer Zeitschrift und zusammen <strong>mit</strong> meinem Sohn. Luxemburg eignet