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Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

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Sie nickte bedächtig, gab sich da<strong>mit</strong> zufrieden und trank einen Schluck.<br />

Dann brachte sie Darren wieder an die Decke.<br />

Sie setzten uns vor Mull’s Motel in Hiawassee ab, einem altertümlichen,<br />

nichtssagenden Haus, das offenkundig keiner Hotelkette angeschlossen war<br />

und das an einer Straßenecke unweit des Stadtzentrums lag. Wir dankten<br />

den beiden überschwenglich, machten ein bißchen Getue wegen dem Benzingeld,<br />

das wir ihnen geben wollten, das sie aber hartnäckig ablehnten, und<br />

sahen ihnen hinterher, als Darren, wie von einem Raketenwerfer abgefeuert,<br />

auf die befahrene Straße glitt. Ich bildete mir ein, daß er sich gerade wieder<br />

den Kopf an der Decke stieß, als das Auto hinter einer kleinen Anhöhe<br />

verschwand.<br />

Dann standen wir <strong>mit</strong> unseren Rucksäcken allein da, auf dem leeren Parkplatz<br />

des Motels, in einer staubigen, verlorenen, sonderbaren Stadt im Norden<br />

von Georgia. Das Wort, das jedem Wanderer in den Sinn kommt, wenn<br />

er an Georgia denkt, heißt Deliverance (Beim Sterben ist jeder der Erste),<br />

der Titel des Romans von James Dickey, der später in Hollywood verfilmt<br />

wurde. Es geht darin, wie Sie sich vielleicht erinnern, um vier Männer in<br />

den besten Jahren aus Atlanta, die übers Wochenende eine Kanufahrt auf<br />

dem fiktiven Cahulawassee River machen (dessen Vorbild, der Fluß Chattooga,<br />

verläuft in der Nähe) und völlig aus der Bahn geworfen werden.<br />

»Hier hat jeder, den ich kennengelernt habe, in seiner Familie mindestens<br />

einen Verwandten im Gefängnis sitzen«, sagt eine der Figuren ahnungsvoll<br />

während der Hinfahrt. »Einige wegen Schwarzbrennerei, andere, weil sie<br />

das Zeug verhökern, aber die meisten sind wegen Mordes drin. Ein Menschenleben<br />

ist hier nicht viel wert.« Das erweist sich dann natürlich als<br />

zutreffend: Das muntere Quartett aus der Metropole wird nacheinander in<br />

den Arsch gefickt, von verrückten Hinterwäldlern gejagt und dann umgebracht.<br />

Am Anfang des Romans gibt es eine Stelle, da halten die vier unterwegs an<br />

und fragen »in einer verschlafenen, von einer seltenen Krankheit befallenen,<br />

häßlichen Stadt« nach dem Weg. Diese Stadt hätte gut und gern Hiawassee<br />

sein können. Das Buch spielt jedenfalls in diesem Teil des Bundesstaates,<br />

und der Film wurde auch in dieser Gegend gedreht. Der berühmte Banjo<br />

spielende Albino, der in dem Film »Dueling Banjos« anstimmt, wohnt angeblich<br />

in Clayton, das nicht weit weg liegt.<br />

Dickeys Buch hat bei seinem Erscheinen erwartungsgemäß heftige Kritik<br />

im Staat Georgia ausgelöst – ein Journalist meinte, es sei »die niederträchtigste<br />

Charakterisierung der Bergbewohner des Südens in der gesamten<br />

modernen Literatur«, was noch« eine Untertreibung ist –, aber es läßt sich<br />

nun einmal nicht leugnen, daß die Menschen seit 150 Jahren von den Bewohnern<br />

des nördlichen Georgia geradezu entsetzt sind. Ein Chronist des

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