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Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

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17. Kapitel<br />

Von allen Gefahren, die einem draußen in der freien Natur zum Verhängnis<br />

werden können, ist keine so unheimlich und unvorhersehbar wie die Hypothermie.<br />

Es gibt fast keinen Fall von Kältetod, dem nicht in irgendeiner<br />

Hinsicht etwas Mysteriöses und Unwahrscheinliches anhaftet. David<br />

Quammen berichtet davon in seinem Buch Natural Acts.<br />

Im Spätsommer 1982 verbrachten vier Jugendliche und zwei Erwachsene<br />

ihren Urlaub im Banff National Park <strong>mit</strong> Kanufahren. Eines Abends kehrten<br />

sie nicht in ihr Zeltlager zurück. Am nächsten Morgen machte sich ein<br />

Suchtrupp auf den Weg und fand die Vermißten in ihren Schwimmwesten<br />

tot auf einem See treibend, <strong>mit</strong> dem Gesicht nach oben und unversehrt.<br />

Nichts an ihren Körpern deutete auf eine Notlage oder auf eine Panik hin.<br />

Einer der Männer trug sogar noch seine Mütze und seine Brille. Die Kanus,<br />

die unweit der Fundstelle auf dem Wasser schaukelten, waren unbeschädigt,<br />

und in der Nacht hatte ruhiges, mildes Wetter geherrscht. Aus einem unerklärlichen<br />

Grund hatten die sechs ihre Kanus verlassen und sich in voller<br />

Montur in das kalte Wasser des Sees gestürzt, wo sie umgekommen waren.<br />

»Als hätten sie sich friedlich schlafen gelegt«, wie sich ein Mitglied des<br />

Suchtrupps ausdrückte. In gewisser Weise traf das zu.<br />

Entgegen landläufiger Meinung sterben nur relativ wenige Hypothermieopfer<br />

in Extremsituationen, etwa, wenn sie sich in einem Schneesturm verirrt<br />

haben oder sich gegen beißende arktische Kälte wehren mußten. Zunächst<br />

einmal gehen nur relativ wenige Menschen bei so einem Wetter<br />

überhaupt vor die Tür, und wenn, dann sind sie im allgemeinen gut ausgerüstet.<br />

Die meisten Hypothermieopfer sterben auf viel banalere Weise, in<br />

gemäßigten Jahreszeiten und bei Temperaturen, die keineswegs nahe dem<br />

Nullpunkt liegen. In der Regel werden sie von einem unvorhergesehenen<br />

Ereignis oder gleich von mehreren, gleichzeitig eintretenden Veränderungen<br />

überrascht – plötzlicher Temperaturabfall, ein kalter Platzregen, die Erkenntnis,<br />

daß sie sich verirrt haben – für die sie psychisch und physisch<br />

mangelhaft ausgestattet sind. Fast immer komplizieren sie das Problem,<br />

indem sie eine Dummheit begehen – sie verlassen einen gut markierten<br />

Weg, um eine Abkürzung zu suchen, und geraten dabei nur noch tiefer in<br />

den Wald, wenn es angebrachter gewesen wäre, an einer Stelle zu bleiben;<br />

sie waten durch Flüsse, wodurch sie nur naß werden und ihr Körper noch<br />

stärker unterkühlt wird.<br />

Dieses traurige Schicksal ereilte auch Richard Salinas, der 1990 zusammen<br />

<strong>mit</strong> einem Freund im Pisgah National Forest in North Carolina wanderte.<br />

Von der plötzlich einsetzenden Dämmerung überrascht, machten sie sich<br />

auf den Rückweg zu ihrem Wagen, wurden unterwegs aber aus irgendeinem

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