Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf
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sprünglich aus Marokko zu stammen. Teile von Grönland, Irland, Schottland<br />
und Skandinavien sind aus dem gleichen Gestein wie der Osten der<br />
USA – im Grunde versprengte Vorposten der Appalachen. Es gibt sogar<br />
Vermutungen, daß selbst so ferne Berge wie die Shackleton Range in der<br />
Antarktis ein Bruchstück aus der Familie der Appalachen ist.<br />
Die Appalachen bildeten sich in drei langen Phasen heraus -ein Vorgang,<br />
den man in der Geologie Orogenese nennt: die takonische, die akadische<br />
und die alleghenische Phase. Die ersten beiden zeichnen im wesentlichen<br />
für den nördlichen Abschnitt der Appalachen verantwortlich, die dritte für<br />
die Mitte und den südlichen Teil. Bei der Berührung oder gar dem Zusammenstoß<br />
der Kontinente rutschte manchmal eine Kontinentalplatte über die<br />
andere, schob den Meeresboden vor sich her und gestaltete so<strong>mit</strong> das Gelände<br />
landeinwärts auf einem Streifen von 200 bis 300 Kilometern vollkommen<br />
um. In anderen Fällen tauchte die eine Platte unter die andere und<br />
hob den Mantel auf, die Folge waren langanhaltende Perioden vulkanischer<br />
Aktivitäten und Erdbeben. Manchmal wurden bei den Kollisionen Gesteinsschichten<br />
durchstoßen, als würden Karten neu gemischt.<br />
Die Versuchung liegt nahe, sich diesen Vorgang als gigantischen Zusammenstoß<br />
zweier Autos vorzustellen, aber natürlich geschah das alles <strong>mit</strong><br />
unendlicher Langsamkeit. Der protoatlantische Ozean, der Urozean, der<br />
während einer der ersten Spaltungen der Landmasse den Raum zwischen<br />
den Kontinenten ausfüllte, sieht auf den Darstellungen der meisten Lehrbücher<br />
immer wie eine zufällige Pfütze aus – in Abbildung 9A noch vorhanden,<br />
in Abbildung 9B verschwunden, als wäre für einen Tag die Sonne<br />
herausgekommen und hätte das Wasser verdunsten lassen –, dennoch existierte<br />
er viel länger, 100 Millionen Jahre länger als der Atlantische Ozean,<br />
so wie wir ihn kennen. Das gleiche gilt für die Entstehung der Berge. Würde<br />
man sich in eine der Phasen der Gebirgsbildung der Appalachen zurückversetzen,<br />
würde man auch nicht merken, daß große geologische Veränderungen<br />
vor sich gingen, genauso wenig wie wir heute spüren, daß Indien<br />
sich in einen Teil Asiens bohrt – wie ein Lastwagen, der sich selbständig<br />
gemacht hat, in eine Schneeverwehung – und den Himalaja Jahr für Jahr um<br />
etwa einen Millimeter anhebt.<br />
Kaum waren die Berge aufgetürmt, fingen sie auch schon ebenso unvermeidlich<br />
an zu erodieren. Trotz ihrer scheinbaren Beständigkeit sind Berge<br />
höchst vergängliche landschaftliche Merkmale. In seinem Buch Physik in<br />
der Berghütte: Von Gipfeln, Gletschern und Gesteinen rechnet der Autor<br />
und Geologe James S. Trefil vor, daß ein durchschnittlicher Gebirgsbach<br />
jährlich 28 Kubikmeter Bergmasse abträgt, meist in Form von Sandgranulat<br />
und anderen Schwebepartikeln. Das entspricht ungefähr der Lademenge<br />
eines durchschnittlichen Muldenkippers – nicht allzu viel. Man stelle sich