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Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

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wir den Trail und gingen für ein, zwei Stunden auf dem Highway weiter.<br />

Jetzt, in der Vorsaison, Anfang April, fuhren kaum Autos durch den Park,<br />

und wir nutzten den Skyline Drive einfach als breiten, bequemen, asphaltierten<br />

Nebenwanderweg. Es war ein ganz neues Gefühl, zur Abwechslung<br />

festen Boden unter den Füßen zu haben, und äußerst angenehm, nach wochenlangem<br />

Marschieren durch undurchdringlichen Wald draußen im Freien<br />

zu sein, in der Sonne. Autofahrer führen wirklich ein verwöhnteres,<br />

sorgenfreieres Leben als wir Wanderer. Es gab an der Straße viele eigens<br />

angelegte Aussichtspunkte, die einen herrlichen Ausblick boten – obwohl<br />

auch jetzt, bei klarem Frühlingswetter, alles, was weiter als neun bis zehn<br />

Kilometer weg war, unter einer staubigen Dunstdecke lag. Diese Plätze waren<br />

<strong>mit</strong> Informationstafeln, die nützliche Hinweise über Flora und Fauna<br />

des Parks enthielten, und sogar <strong>mit</strong> Mülleimern ausgestattet. So was hätten<br />

wir auf dem Trail auch ganz gut gebrauchen können, fanden wir. Wenn die<br />

Sonne zu heiß wurde oder die Füße schmerzten – Asphalt ist eigentlich eine<br />

Tortur für die Füße – oder wenn wir eine Abwechslung benötigten, kehrten<br />

wir wieder in den vertrauten, kühlen, heimeligen Wald zurück. Es war sehr<br />

angenehm, geradezu luxuriös, zwischen beiden Möglichkeiten wählen zu<br />

können.<br />

An einem der Rastplätze am Skyline Drive hing eine Informationstafel, die<br />

den Besucher auf einen Hang in der Nähe aufmerksam machte, der über und<br />

über <strong>mit</strong> Schierling bewachsen war, einer sehr dunklen, fast schwarzen<br />

Konifere, die typisch für die Blue Ridge Mountains ist. Dieser Schierling,<br />

überhaupt aller Schierling, der am Trau und im Wald zu beiden Seiten<br />

wächst, ist von einer Blattlaus befallen, die 1924 aus Asien eingeschleppt<br />

wurde, und stirbt ab. Der National Park Service, lautete die traurige Feststellung<br />

auf der Informationstafel, könne sich eine Behandlung der Bäume<br />

nicht leisten. Es gäbe zu viele, das Gebiet sei zu weitläufig, eine Schädlingsbekämpfung<br />

<strong>mit</strong> Flugzeugen erscheine daher nicht praktikabel. Ich<br />

habe dazu einen Vorschlag: Warum behandelt man nicht wenigstens ein<br />

paar Bäume? Wenigstens einen einzigen? Es wäre ein Anfang. Die gute<br />

Nachricht sei, laut Informationstafel, daß der National Park Service die<br />

Hoffnung hege, daß sich einige Bäume in Laufe der Zeit auf natürlichem<br />

Weg erholen werden. Was sagt man dazu?<br />

Vor 60 Jahren gab es fast überhaupt keine Bäume in den Blue Ridge Mountains.<br />

Das war alles Ackerland. Der Weg durch den Wald führte jetzt des<br />

öfteren an den Überresten alter Steinwälle entlang, und einmal kamen wir<br />

an einem kleinen abgelegenen Friedhof vorbei, eine Erinnerung daran, daß<br />

dies eine der wenigen Bergregionen in den gesamten Appalachen ist, wo<br />

tatsächlich einmal Menschen gelebt haben – ihr Pech, daß es leider die<br />

falschen Leute waren. In den 20er Jahren strömten Soziologen und andere

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