06.12.2012 Aufrufe

Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

nen Schlafsack und band die Zugschnur über meinem Kopf fest zu. So verging<br />

die Nacht, <strong>mit</strong> wiederholten Gewaltausbrüchen von Katz, gefolgt von<br />

den Phasen der Ruhe, dann wieder Getrippel, dann ein erneuter Katzscher<br />

Gewaltausbruch. Ich schlief erstaunlich gut, trotz alldem.<br />

Ich hatte erwartet, daß Katz übelgelaunt aufwachen würde, aber er war viel<br />

vergnügter als am Abend zuvor.<br />

»Ich muß sagen, es geht nichts über einen anständigen Schlaf, und ich muß<br />

sagen, ich habe anständig geschlafen«, verkündete er beim ersten Räkeln<br />

und lachte bestätigend. Seine Selbstzufriedenheit rührte daher, daß er sieben<br />

Mäuse gekillt hatte, wie sich zeigte, und in höchstem Maße stolz darauf<br />

war, wie ein Gladiator <strong>mit</strong> geschwellter Brust. Mir fiel auf, daß noch etwas<br />

Pelziges und ein Klumpen rosa Fleischiges am Boden seiner Wasserflasche<br />

klebte, als er sie zum Trinken ansetzte. Gelegentlich hat es mich beunruhigt<br />

– ich vermute, es beunruhigt alle Wanderer von Zeit zu Zeit – , wie weit<br />

man sich unterwegs vom üblichen zivilisierten Verhalten entfernen kann.<br />

Dies war so ein Augenblick.<br />

Draußen war Nebel aufgezogen und füllte den Raum zwischen den Bäumen.<br />

Kein aufmunternder Anblick am Morgen. Ein Sprühregen hing in der<br />

Luft, als wir uns auf den Weg machten, und nach kurzer Zeit war er in einen<br />

gleichmäßigen, gnadenlosen Bindfadenregen übergegangen.<br />

Regen kann einem den letzten Nerv rauben. Es macht absolut keinen Spaß,<br />

in einem Regencape zu wandern. Das Knistern von steifem Nylongewebe<br />

und das unentwegte, seltsam verstärkt klingende Pladdern von Regentropfen<br />

auf synthetischem Material haben etwas zutiefst Entmutigendes. Und<br />

was das Schlimmste ist: Man bleibt trotzdem nicht trocken. Die wasserdichte<br />

Kleidung hält zwar den Regen ab, aber man schwitzt so stark, daß man<br />

von innen her bald ganz durchgeweicht ist. Am Nach<strong>mit</strong>tag war der Pfad<br />

ein einziger Wasserlauf. Meine Wanderschuhe hatten längst aufgegeben.<br />

Ich war klatschnaß, und es gluckste bei jedem Schritt. In manchen Teilen<br />

der Smokies regnet es bis zu 300 Zentimeter pro Jahr, das ist weit mehr als<br />

die normale Zimmerhöhe. Eine ganze Menge Regen, könnte man sagen,<br />

und wir bekamen jetzt den größten Teil davon ab.<br />

Wir gingen 15 Kilometer weit bis zum Spence Field Shelter, eigentlich<br />

keine großartige Entfernung, selbst für unsere Verhältnisse, aber wir waren<br />

bis auf die Haut durchnäßt und durchgefroren, als wir ankamen, und zur<br />

nächsten Schutzhütte war es sowieso zu weit. Der Park Service – man<br />

kommt einfach nicht um ihn herum – hat eine Unmenge kleinlicher, starrer,<br />

ärgerlicher Vorschriften für die Wanderer des Appalachian Trail erlassen,<br />

darunter die, daß man stets zügig weitergehen soll, niemals vom Weg abweichen<br />

darf und die Nacht in einer Schutzhütte campieren muß. Praktisch<br />

bedeutet es, daß man nicht nur jeden Tag eine vorgeschriebene Distanz

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!