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Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

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eingenommen. Den Rekord in dieser Beziehung hält allerdings Winchester<br />

in Virginia, ein paar Kilometer weiter südlich, das insgesamt 75mal erobert<br />

und zurückerobert wurde.<br />

Heutzutage begnügt man sich in Harpers Ferry da<strong>mit</strong>, Touristen unterzubringen<br />

und nach Überschwemmungen aufzuräumen. Bei zwei so lebhaften<br />

Flüssen und einem natürlichen Trichter aus Steilufern davor und dahinter ist<br />

es kein Wunder, daß der Ort ständig überflutet wird. Gerade ein halbes Jahr<br />

vor meinem Besuch hatte es eine schlimme Flut in der Stadt gegeben, und<br />

die Angestellten des Nationalparks waren noch da<strong>mit</strong> beschäftigt aufzuräumen,<br />

zu streichen und Möbel, Geräte und Ausstellungsstücke von den oberen<br />

Lagerräumen nach unten ins Erdgeschoß zu tragen. (Drei Monate nach<br />

meinem Besuch mußten sie alles wieder hochschleppen.) An einem Haus<br />

kamen gerade zwei Ranger aus der Tür, gingen ein Stück den Pfad lang und<br />

nickten mir beim Vorbeigehen <strong>mit</strong> einem Lächeln zu. Beide hatten Seitenwaffen<br />

umgeschnallt, wie mir auffiel. Weiß der Himmel, wohin das<br />

führen soll, wenn auch noch Parkranger Dienstwaffen tragen!<br />

Ich bummelte durch die Stadt, aber an fast jedem Haus hing ein Schild:<br />

»Wegen Aufräumungsarbeiten geschlossen.« Danach ging ich zu der Stelle,<br />

an der die beiden Flüsse zusammentreffen, dort gab es eine Informationstafel<br />

zum Appalachian Trail. Der Mord an den beiden Frauen im Shenandoah<br />

National Park war zwar erst zehn Tage her, aber an der Tafel hing bereits<br />

ein kleines Plakat <strong>mit</strong> der Bitte um Aufklärung, dazu Farbfotos von den beiden.<br />

Es war deutlich zu erkennen, daß die Frauen die Bilder selbst unterwegs<br />

aufgenommen hatten, sie waren beide in Wanderausrüstung, wirkten<br />

glücklich und gesund, strahlten geradezu. Es war schwer, den Anblick zu<br />

ertragen, wenn man ihr Schicksal kannte. Ich dachte <strong>mit</strong> einem leichten<br />

Schaudern daran, daß sie wahrscheinlich gerade jetzt, zu diesem Zeitpunkt,<br />

in Harpers Ferry eingetroffen wären, wenn man sie nicht umgebracht hätte,<br />

und ich mich <strong>mit</strong> ihnen unterhalten würde, statt hier zu stehen und mir ihre<br />

Fotos anzuschauen – oder, wenn das Schicksal zufällig eine andere Wendung<br />

genommen hätte, die beiden jetzt hier an meiner Stelle stehen und ein<br />

Bild von Katz und mir betrachten würden, wie wir glücklich und zufrieden<br />

in die Kamera strahlten.<br />

In einem der wenigen geöffneten Häuser traf ich auf einen freundlichen, gut<br />

informierten und zum Glück unbewaffneten Ranger namens David Fox, der<br />

staunte, daß sich überhaupt ein Besucher einfand, und sich darüber freute.<br />

Er sprang eilfertig von seinem Hocker auf, als ich eintrat, und war, wie man<br />

ihm deutlich ansah, bereit, mir jede Frage zu beantworten. Wir kamen auf<br />

Natur- und Landschaftsschutz zu sprechen, und er erwähnte, wie schwierig<br />

es für den Park Service sei, <strong>mit</strong> den bescheidenen Mitteln, die ihm zur Verfügung<br />

stünden, gute Arbeit zu leisten. Bei der Gründung des Parks sei

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