Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf
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mörderischen Hitzewelle überrollt. In der sengenden Sonne strahlten die<br />
schattenlosen Granitflächen des Moxie Bald eine wahre Gluthitze ab, und<br />
selbst im Wald war die Luft drückend und feucht, als hauchten uns die<br />
Bäume und Blätter ihren heißen Atem entgegen. Wir schwitzten wie die<br />
Tiere und schütteten Unmengen von Wasser in uns hinein, hatten aber<br />
trotzdem permanent Durst. Manchmal war Wasser im Überfluß vorhanden,<br />
aber meistens gab es über weite Strecken keinen einzigen Tropfen, so daß<br />
wir nie sicher sein konnten, wieviel wir vernünftigerweise zu uns nehmen<br />
konnten, ohne später knapp dran zu sein. Selbst bei vollem Vorrat machte es<br />
sich jetzt bemerkbar, daß Katz eine Flasche weggeworfen hatte. Zu alldem<br />
kamen noch die erbarmungslosen Insekten, das beunruhigende Gefühl der<br />
Abgeschiedenheit und das schwierige Gelände hinzu.<br />
Katz reagierte darauf so, wie ich es vorher noch nicht bei ihm erlebt hatte.<br />
Er zeigte eine verbissene Entschlossenheit, als gäbe es nur eine Möglichkeit,<br />
<strong>mit</strong> diesem Problem fertig zu werden: Augen zu und durch.<br />
Am nächsten Morgen gelangten wir in aller Frühe an den ersten von mehreren<br />
Wasserläufen, die wir durchqueren mußten. Er hieß Bald Mountain<br />
Stream, aber in Wahrheit handelte es sich um einen richtigen Fluß – breit,<br />
bewegt und im Flußbett übersät <strong>mit</strong> großen Steinbrocken. Er hatte etwas<br />
sehr Einnehmendes an sich – die Oberfläche glitzerte in der Morgensonne<br />
wie Tausende von Pailletten, und das Wasser war unglaublich klar –, aber<br />
es herrschte eine starke Strömung, und vom Ufer aus konnte man nicht<br />
erkennen, wie tief er in der Mitte war. Es gab einige größere Flüsse in der<br />
Nähe, zu denen mein Appalachian Trail Guide to Maine naiv meinte, es sei<br />
»schwierig oder gefährlich, sie bei Hochwasser zu durchqueren«. Ich beschloß,<br />
diese Information lieber nicht an Katz weiterzugeben.<br />
Wir zogen Schuhe und Strümpfe aus, krempelten die Hosenbeine hoch und<br />
stiegen vorsichtig in das eisige Wasser. Die Steine auf dem Grund hatten<br />
alle möglichen Größen und Formen -flach, eiförmig, rund – und drückten<br />
hart gegen die Fußsohlen, sie waren <strong>mit</strong> einer glitschigen, grünlichen<br />
Schicht bedeckt, die unglaublich rutschig war. Ich hatte noch keine drei<br />
Schritte getan, als ich ausglitt und schmerzhaft auf dem Hintern landete. Ich<br />
rappelte mich halbwegs hoch, rutschte aber wieder aus und stürzte erneut,<br />
taumelte ein, zwei Meter seitwärts, kippte dann hilflos vornüber, konnte<br />
mich <strong>mit</strong> den Händen auffangen und hockte schließlich auf allen vieren wie<br />
ein Hund im Wasser. Beim Aufprall rutschte mir der Rucksack über den<br />
Kopf, und die Schuhe, die ich <strong>mit</strong> den Schnürsenkeln an das Rucksackgestell<br />
gebunden hatte, wurden in eine Art Umlaufbahn geschleudert. Sie<br />
flogen in einem großen eleganten Bogen seitlich am Rucksack vorbei, stießen<br />
gegen meinen Schädel, knallten aufs Wasser auf und schaukelten dann<br />
in der Strömung. Während ich dasaß und mir einredete, daß dies alles eines