06.12.2012 Aufrufe

Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

ty errichtet wurde. Es ist der größte Staudamm in Nordamerika östlich des<br />

Mississippi und gilt unter Betonfetischisten als absolute Sehenswürdigkeit.<br />

Wir eilten darauf zu, den Weg hinunter, weil wir vermuteten, daß es dort ein<br />

Besucherzentrum gab, also auch eine Cafeteria und andere begrüßenswerte<br />

Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme <strong>mit</strong> der zivilisierten Welt. Wenn schon<br />

nichts anderes, spekulierten wir aufgeregt, dann gab es dort wenigstens<br />

Automaten und Toiletten, wo man sich waschen, frisches Wasser holen und<br />

in einen Spiegel blicken konnte.<br />

Es gab tatsächlich ein Besucherzentrum, aber es war geschlossen. Ein vergilbter<br />

Zettel an der Glastür besagte, daß es erst in vier Wochen wieder<br />

öffnete. Die Automaten waren leer, die Stecker herausgezogen, und zu<br />

unserem Bedauern waren sogar die Toiletten verschlossen. Katz entdeckte<br />

einen Wasserhahn an der Außenwand, aber das Wasser war abgestellt. Wir<br />

warfen uns gegenseitig einen langen, stoischen Leidensblick zu, seufzten<br />

kurz und marschierten weiter. Der Trail verläuft direkt oben auf dem Damm<br />

über dem See. Die Berge vor uns, so schien es, erhoben sich nicht aus dem<br />

See, vielmehr richteten sie sich wie erschreckte Bestien dahinter auf. Es war<br />

auf den ersten Blick zu erkennen, daß sich uns hier eine ganz neue Pracht<br />

und da<strong>mit</strong> auch neue Herausforderungen boten. Das gegenüberliegende<br />

Ufer markierte die südliche Grenze des Great Mountains National Park. Vor<br />

uns lag ein über 200.000 Hektar großes, dichtbewachsenes, bergiges Waldgebiet,<br />

eine Sieben-Tage-Tour, 114 extrem rauhe Kilometer, bevor wir<br />

wieder von Cheeseburgern, Cola, Toiletten und fließend Wasser träumen<br />

durften. Es wäre schön gewesen, wenigstens <strong>mit</strong> sauberen Händen und<br />

sauberem Gesicht loszugehen. Ich hatte es Katz noch nicht <strong>mit</strong>geteilt, aber<br />

wir würden in den nächsten Tagen 16 Gipfel überschreiten, die über 1.800<br />

Meter hoch waren, einschließlich Clingmans Dome, der <strong>mit</strong> 2.024 Meter<br />

höchsten Erhebung am Appalachian Trail (übrigens nur 12,5 Meter niedriger<br />

als der nahegelegene Mount Mitchell, der höchste Berg im Osten der<br />

Vereinigten Staaten). Ich war gespannt und aufgeregt – selbst Katz packte<br />

milde Begeisterung –, denn dazu gab es allen Grund.<br />

Zunächst einmal hatten wir soeben einen neuen Bundesstaat betreten, Tennessee,<br />

unseren dritten, was einem immer das Gefühl gibt, eine Leistung<br />

vollbracht zu haben. Auf seiner gesamten Länge durch die Smokies verläuft<br />

der AT entlang der Grenze zwischen North Carolma und Tennessee. An so<br />

etwas hatte ich meinen Spaß, ich meine die Vorstellung, <strong>mit</strong> dem linken<br />

Bein in einem Bundesstaat und <strong>mit</strong> dem rechten in einem anderen zu stehen,<br />

oder mich für eine Ruhepause zwischen einem Baumstamm in Tennessee<br />

und einem Felsen in North Carolina entscheiden zu können, oder über die<br />

Grenze zu pinkeln, oder was es sonst noch an Möglichkeiten gab. Ich war<br />

gespannt darauf, was wir in diesen prächtigen, finsteren, sagenumwobenen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!