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Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

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Beinchen, der typische, unentwegt verwirrte Gesichtsausdruck, das komische,<br />

wie zwei Topfhandschuhe geformte Geweih – -wirkt wie ein einziger<br />

possierlicher Witz der Evolution. Das Tier ist erstaunlich unbeholfen: Es<br />

läuft, als wüßte ein Bein nicht, was das andere macht. Was den Elch jedoch<br />

besonders auszeichnet, ist der unübertreffliche Mangel an Intelligenz. Wenn<br />

man auf einem Highway fährt und unterwegs tritt ein Elch aus dem Wald<br />

und stellt sich in den Weg, starrt einen das Tier erstmal minutenlang an -<br />

Elche sind bekannt für ihre Kurzsichtigkeit –, dann, urplötzlich, versucht es<br />

wegzurennen, jedes Bein in eine andere Richtung. Es spielt keine Rolle, daß<br />

sich zu beiden Seiten des Highway Zigtausende Hektar Wald erstrecken.<br />

Dem Elch ist das egal. Ahnungslos läuft er zuerst Richtung New Brunswick,<br />

bevor ihn seine ungelenken Schritte auf halbem Weg zurück in den<br />

Wald treiben, wo er, kaum angekommen, sofort wieder stehenbleibt und<br />

seinen gewohnt verwirrten Gesichtsausdruck aufsetzt, als sagte er sich:<br />

Hallo, Wald. Wie bin ich bloß hierher gekommen? Elche sind dermaßen<br />

konfus im Kopf, daß sie, sobald das Geräusch eines sich nähernden Autos<br />

oder Lastwagens zu hören ist, sogar aus dem Wald heraus auf den Highway<br />

stürmen, in der Hoffnung, dort vor dem Verkehr sicher zu sein.<br />

Erstaunlicherweise gehört der Elch, trotz seines exorbitanten Mangels an<br />

Grips und des eigenartig getrübten Überlebensinstinkts, zu den Tieren in<br />

Nordamerika, die am längsten überlebt haben. Außer Elchen tummelten<br />

sich früher noch Mastodons, Säbelzahntiger, Wölfe, Karibus, Wildpferde<br />

und sogar Kamele im Osten der Vereinigten Staaten, aber alle gingen allmählich<br />

ihrer Ausrottung entgegen, während die Elche einfach weiter durch<br />

die Lande trabten. Das war nicht immer so. Schätzungen zufolge lebten um<br />

die Jahrhundertwende nur noch ein Dutzend Elche in New Hampshire und<br />

in Vermont vermutlich kein einziges Exemplar mehr. Heute gibt es in New<br />

Hampshire ungefähr 5.000 Elche, in Vermont etwa 1.000 und in Maine an<br />

die 30.000. Diese konstanten beziehungsweise steigenden Zahlen sind der<br />

Grund dafür, daß die Tiere wieder zur Jagd freigegeben worden sind. Hierbei<br />

gilt es jedoch zweierlei zu bedenken: Zunächst einmal sind die Zahlen<br />

reine Spekulation. Elche treten nicht zum Zählappell an. Manche Biologen<br />

sind der Ansicht, die Schätzungen könnten bis zu 20 Prozent zu hoch liegen,<br />

was bedeuten würde, daß die Jagd keine Auslese wäre, sondern eine pure<br />

Metzelei. Nicht weniger relevant ist das Argument, daß es zutiefst und unzweifelhaft<br />

unrecht ist, ein so einfältiges und anspruchsloses Tier wie den<br />

Elch zu töten. Dieses hier hätte ich <strong>mit</strong> einer Schleuder erlegen können, <strong>mit</strong><br />

einem Stein oder einem Stock -wahrscheinlich sogar <strong>mit</strong> einer zusammengefalteten<br />

Zeitung –, dabei wollte es doch nur einen Schluck Wasser trinken.<br />

Da kann man doch gleich Jagd auf Kühe machen.<br />

Vorsichtig, um das Tier nicht aufzuschrecken, schlich ich davon, um Katz

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