Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf
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che Strafe dafür, daß er das Gleichgewicht zwischen uns zerstört hatte, und<br />
Katz ertrug sie schweigend und bußfertig. Wir legten 22,5 Kilometer zurück,<br />
eine ungewöhnlich weite Strecke unter diesen Umständen. Wir hätten<br />
auch noch weiter gehen können, aber um halb sechs kamen wir an einen<br />
breiten Fluß, Wilber Brook, wo wir Halt machten. Wir waren zu müde, um<br />
ihn zu durchqueren – das heißt, ich war zu müde –, und es wäre nicht klug<br />
gewesen, die Gefahr einzugehen, so kurz vor Sonnenuntergang noch einmal<br />
ganz naß zu werden. Wir schlugen unser Lager auf und verzehrten unseren<br />
Proviant ohne Freude und <strong>mit</strong> bemühter Höflichkeit. Selbst wenn keine<br />
Verstimmung zwischen uns geherrscht hätte, wäre kaum gesprochen worden,<br />
dazu waren wir viel zu müde. Es war ein langer Tag gewesen, der<br />
anstrengendste der ganzen Tour, und der Gedanke, daß wir noch 136 Kilometer<br />
vor uns hatten, bis wir den Laden am Zeltplatz von Aböl Bridge erreichen<br />
würden, und 160 Kilometer bis zu dem herausfordernden Massiv<br />
von Katahdin, schwebte wie ein Damoklesschwert über uns.<br />
Aber auch dort gab es keine Aussicht auf irgendwelche Annehmlichkeiten.<br />
Katahdin liegt im Baxter State Park, der sich <strong>mit</strong> trotzigem Stolz dem Ideal<br />
der Ursprünglichkeit und Entbehrung verschrieben hat. Es gibt keine Restaurants<br />
und keine Hütten, keine Souvenirläden und Imbißstände, nicht mal<br />
eine asphaltierte Straße oder einen öffentlichen Fernsprecher. Der Park<br />
selbst liegt in einer gottverlassenen Gegend, einen Zwei-Tages-Marsch von<br />
Millinocket, der nächsten Stadt, entfernt. Es konnte zehn bis elf Tage dauern,<br />
bis wir wieder eine richtige Mahlzeit zu uns nehmen und in einem<br />
richtigen Bett schlafen würden. Das war noch ganz schön lange hin.<br />
Am nächsten Morgen wateten wir schweigend durch den Fluß – <strong>mit</strong>tlerweile<br />
hatten wir Übung darin – und machten uns an den langen, sanften Aufstieg<br />
zum Dach der Barren-Chairback-Range, einer sich über 24 Kilometer<br />
hinziehenden zerklüfteten Gipfelkette, die wir überqueren mußten, um zu<br />
dem etwas sanfteren Abschnitt im Tal des Pleasant River dahinter zu gelangen.<br />
Auf der Karte waren nur drei kleine Gletscherseen eingezeichnet,<br />
Überreste der Eiszeit, allesamt abseits des Trails; sonst gab es nicht den<br />
geringsten Hinweis auf andere Wasserreservoirs. Mit nicht einmal vier<br />
Litern für uns beide und bei den hohen Temperaturen bereits am frühen<br />
Morgen versprach die Kraxelei von einer Wasserquelle zur nächsten recht<br />
ungemütlich zu werden.<br />
Der Aufstieg zum Barren Mountain war eine mühselige Schinderei, auf<br />
weiten Strecken steil, und es war heiß, aber wir beide schienen auch an<br />
Kraft zu gewinnen. Selbst Katz ging die Sache relativ beschwingt an. Dennoch<br />
brauchten wir fast den ganzen Morgen für die 7,24 Kilometer dort<br />
hinauf. Ich erreichte den Gipfel etwas eher als Katz. Der Granitstein war<br />
von der Sonne so aufgewärmt, daß er zu heiß zum Sitzen war, aber es ging