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Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

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Ohne Rucksack fühlt man sich wie befreit. Man geht aufrecht, man sieht<br />

sich um, man hüpft, man schlendert, man geht spazieren.<br />

Wenigstens vier Straßen weit – denn dann kommt man bei Burger King an<br />

eine wahnsinnige Kreuzung und muß feststellen, daß die neue sechsspurige<br />

Straße bis zum Kaufhaus Kmart lang und schnurgerade und stark befahren<br />

ist und daß sie gänzlich ohne Einrichtungen für Fußgänger auskommt, ohne<br />

Bürgersteige, ohne Zebrastreifen, ohne Verkehrsinseln, ohne Ampelanlagen<br />

an belebten Kreuzungen. Ich lief durch das Gelände von Tankstellen, über<br />

Auffahrten von Motels, überquerte Parkplätze, kletterte über Betonsperren,<br />

kreuzte Rasenflächen und zwängte mich durch vernachlässigte Geißblatt-<br />

und Ligusterhecken sowie Grenzstreifen von Privatgrundstücken. Wenn ich<br />

an eine Brücke kam, die über einen Bach führte oder über einen Abflußkanal<br />

– und eins kann ich Ihnen flüstern: Stadtplaner sind verliebt in<br />

Abflußkanäle –, blieb mir nichts anderes übrig, als auf der Straße zu gehen,<br />

mich dicht an der dreckigen Leitplanke zu halten und die weniger aufmerksamen<br />

Autofahrer zum Ausscheren zu zwingen. Vier Autofahrer hupten,<br />

weil ich die Frechheit besaß, mich ohne Blechkiste durch die Stadt fortzubewegen.<br />

Eine Brücke war so gefährlich, daß ich zögernd davor stehenblieb.<br />

Der Bach, den sie überspannte, war eigentlich nur ein verschilftes<br />

Rinnsal, schmal genug, um rüberzuspringen, was ich dann auch tat. Dabei<br />

rutschte ich aus und purzelte die Böschung hinunter. Ich fand mich in einem<br />

von oben nicht erkennbaren Streifen aus grauem, klebrigem Schlick wieder,<br />

schlug zweimal auf, kroch die andere Seite hinauf, fiel wieder hin und<br />

tauchte zum Schluß übersät <strong>mit</strong> Schlammstreifen und -flecken und <strong>mit</strong><br />

apartem Kleiderschmuck in Form von Kletten wieder hervor. Als ich endlich<br />

zum Kmart Plaza kam, stellte ich fest, daß ich mich auf der falschen<br />

Straßenseite befand und in einem Spurt sechs Spuren feindlichen Verkehrs<br />

überwinden mußte. Auf der anderen Seite überquerte ich den Parkplatz und<br />

betrat die klimatisierten, <strong>mit</strong> Dudelmusik berieselten Hallen von Kmart. Ich<br />

war so dreckig, als käme ich direkt vom Appalachian Trail, und zitterte am<br />

ganzen Leib.<br />

Kmart hatte kein Insektenspray vorrätig.<br />

Ich machte kehrt und begab mich auf den Rückweg in die Stadt, aber diesmal<br />

ging ich <strong>mit</strong> einer irren Wut im Bauch querfeldein, über Wiesen und<br />

durch Gewerbegebiete. Ich riß mir die Jeans an einem Stacheldrahtzaun auf<br />

und machte mich noch schmutziger, als ich ohnehin schon war. Ich sah<br />

Katz, der auf der Wiese des Motels in einem Gartenstuhl in der Sonne saß,<br />

geduscht, in frisch gewaschener Kleidung und <strong>mit</strong> einer so behaglichen<br />

Miene, wie sie nur ein Wanderer haben kann, der zur Abwechslung in der<br />

Stadt ist und sich einen schönen Tag macht. Eigentlich war er dabei, seine<br />

Schuhe einzuwachsen, aber in Wahrheit saß er nur da, ließ die Welt an sich

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