Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf
Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf
Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
19. Kapitel<br />
»Ich habe eine phantastische Idee«, sagte Stephen Katz. Wir saßen bei mir<br />
zu Hause in Hanover. Es war zwei Wochen später, und am nächsten Morgen<br />
wollten wir nach Maine aufbrechen.<br />
»Und die wäre?« sagte ich und versuchte, nicht allzu genervt zu klingen,<br />
denn phantastische Ideen sind nicht gerade Katz’ Stärke.<br />
»Du weißt doch, wie schrecklich schwer diese Rucksäcke immer sind.«<br />
Ich nickte. Davon konnte ich ein Lied singen.<br />
»Ich habe mir da nämlich etwas überlegt. Das heißt, eigentlich überlege ich<br />
da schon sehr lange. Denn um die Wahrheit zu sagen, <strong>Bryson</strong>, vor diesem<br />
Rucksackgeschleppe habe ich« – er senkte die Stimme – »einen Scheißhorror.«<br />
Er nickte feierlich und wiederholte das Schlüsselwort. »Und da kam<br />
mir eine geniale Idee. Eine echte Alternative. Mach die Augen zu.«<br />
»Warum?«<br />
»Es soll eine Überraschung sein.«<br />
Ich mache nicht gern die Augen zu, wenn man mich <strong>mit</strong> etwas überraschen<br />
will. Das konnte ich noch nie ausstehen. Aber ich tat ihm den Gefallen.<br />
Ich hörte, wie er in seinem ausrangierten Armeesack kramte. »Wer trägt<br />
ständig schwere Lasten <strong>mit</strong> sich herum?« fuhr er fort. »Das war die Frage,<br />
die ich mir gestellt habe. Wer muß jeden Tag viel <strong>mit</strong> sich herumschleppen?<br />
He, noch nicht gucken. Und dann kam mir die Idee.« Er schwieg einen<br />
Moment lang, als würde er noch ein paar entscheidende Veränderungen<br />
vornehmen, da<strong>mit</strong> seine Präsentation auch einen perfekten Eindruck machte.<br />
»Gut. Jetzt kannst du gucken.«<br />
Ich nahm die Hände von den Augen. Katz strahlte vor Stolz und hatte sich<br />
eine Zeitungstasche des Des Moines Register umgehängt – einen von den<br />
gelben Säcken, die Zeitungsboten sich über die Schulter werfen, bevor sie<br />
sich aufs Rad schwingen und ihre Runde machen.<br />
»Das ist doch nicht dein Ernst«, sagte ich leise.<br />
»Es war mir noch nie so ernst <strong>mit</strong> etwas, mein lieber Wanderfreund. Ich<br />
habe dir auch eine <strong>mit</strong>gebracht.« Er zog die für mich gedachte Tasche aus<br />
seinem Armeesack, sie war zusammengefaltet und noch originalverpackt in<br />
einer durchsichtigen Plastiktüte.<br />
»Du kannst doch nicht <strong>mit</strong> so einer Zeitungstasche durch die Wildnis von<br />
Maine marschieren, Stephen.«<br />
»Wieso nicht? Sie ist bequem, sie ist geräumig, sie ist wasserdicht – fast<br />
jedenfalls –, und sie wiegt nur ein paar Gramm. Das ist die ideale Wanderausrüstung.<br />
Sag mir eins: Wann hast du das letzte Mal einen Zeitungsboten<br />
<strong>mit</strong> einem Knochenbruch gesehen?« Er nickte einmal knapp und energisch<br />
<strong>mit</strong> dem Kopf in meine Richtung, als würde das jedes Gegenargument zu-