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Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

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pearly-mussel. Leider erschöpft sich da<strong>mit</strong> das Interesse an den Tieren, und<br />

weil die Flußmuscheln so wenig beachtet werden, auch von naturwissenschaftlicher<br />

Seite, verschwinden sie in einem erschreckenden Ausmaß. Fast<br />

die Hälfte aller Flußmuschelarten der Smokies ist akut gefährdet, zwölf<br />

Arten sollen bereits ausgestorben sein.<br />

Eigentlich ist das höchst befremdlich für einen Nationalpark. Muscheln<br />

werfen sich schließlich nicht freiwillig unter die Räder der vorbeifahrenden<br />

Autos. Dennoch sind die Smokies dabei, die meisten ihrer Muschelarten zu<br />

verlieren. Tiere und Pflanzen auszurotten, hat beim National Park Service<br />

gewissermaßen Tradition. Der Bryce Canyon National Park ist vielleicht<br />

das interessanteste, auf jeden Fall aber das treffendste Beispiel dafür. Der<br />

Park wurde 1923 gegründet und hat unter der Verwaltung des Park Service<br />

in nicht einmal einem halben Jahrhundert sieben Säugetierarten verloren –<br />

den weißschwänzigen Eselhasen, den Präriehund, die Gabelantilope, das<br />

Flughörnchen, den Bieber, den Rotfuchs und das gefleckte Stinktier. Eine<br />

beachtliche Leistung, wenn man bedenkt, daß diese Tiere zig Millionen<br />

Jahre im Bryce Canyon überlebt haben, bevor der Park Service sich ihrer<br />

annahm. Insgesamt sind in diesem Jahrhundert 42 Säugetierarten aus den<br />

amerikanischen Nationalparks verschwunden.<br />

1957 beschloß der Park Service, den Abrams Creek in den Smokies, einen<br />

Nebenfluß des Little Tennessee River, nicht allzu weit entfernt von der<br />

Gegend, in der Katz und ich uns gerade aufhielten, als Lebensraum für die<br />

Regenbogenforelle zu »reklamieren«, obwohl die Regenbogenforelle im<br />

Abrams Creek nie heimisch gewesen war. Zu diesem Zwecke schütteten<br />

Biologen mehrere Fässer von dem Gift Rotenon auf einer Länge von 25<br />

Kilometern in den Fluß. Nach wenigen Stunden trieben Tausende toter<br />

Fische auf der Wasseroberfläche. Zu den 31 Fischarten des Abrams Creek,<br />

die dabei vernichtet wurden, gehörte auch der Blaurücken, den die Wissenschaftler<br />

noch nie zuvor gesehen hatten. Die Biologen des Park Service<br />

brachten das unglaubliche Kunststück fertig, ein und dieselbe Fischart<br />

gleichzeitig zu entdecken und zu vernichten. (1980 wurde in einem Bach in<br />

der Nähe noch eine Kolonie von Blaurücken entdeckt.)<br />

Das ist alles 40 Jahre her, und heute, in unseren aufgeklärten Zeiten, wäre<br />

so eine Dummheit undenkbar. Heutzutage befleißigt sich der National Park<br />

Service eines etwas zwangloseren Stils in der Zerstörung der Natur: Vernachlässigung.<br />

Er stellt so gut wie kein Geld für Forschung irgendwelcher<br />

Art zur Verfügung – weniger als drei Prozent der gesamten Finanz<strong>mit</strong>tel –,<br />

und deswegen weiß niemand zu sagen, wie viele Muscheln bereits ausgestorben<br />

sind, geschweige denn aus welchem Grund. Wo man auch hinschaut<br />

in den Wäldern an der Ostküste, überall sterben die Bäume. In den Smokies<br />

sind 90 Prozent der Fräser-Tannen – ein sehr edles Gewächs und eine Be-

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