Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf
Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf
Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
leuchtung, Swimmingpools, Golfplätzen –, hatten die White-Mountain-<br />
Hotels immer die Nase vorn. 1890 lagen 200 Hotels in den White Mountains<br />
verstreut. Nie zuvor hatte es eine solche Dichte von erstklassigen Hotels<br />
an einem Ort gegeben, schon gar nicht in den Bergen. Heute sind diese<br />
Häuser praktisch alle verschwunden.<br />
1902 eröffnete das größte von ihnen in Bretton Woods in einem weiten<br />
parkähnhchen Areal vor der Kulisse des Presidential Range. In einem imposanten<br />
Stil errichtet, den der Architekt selbst bescheiden als »spanische<br />
Renaissance« bezeichnete, stellte das Mount Washington Hotel den Gipfel<br />
an Eleganz und Opulenz dar. Es stand in einem über 1.000 Hektar großen<br />
Landschaftsgarten und hatte 235 Zimmer, die <strong>mit</strong> allen Finessen ausgestattet<br />
waren, die man <strong>mit</strong> Geld kaufen konnte. Allein für die Stuckarbeiten<br />
ließ man 250 Meister aus Italien anreisen. Bei seiner Fertigstellung war<br />
das Hotel jedoch bereits ein Anachronismus.<br />
Der Trend ging woandershin. Die amerikanischen Urlauber hatten das Meer<br />
entdeckt. Die White-Mountain-Hotels waren ein bißchen zu langweilig, ein<br />
bißchen zu abgelegen und für bescheidene Ansprüche ein bißchen zu teuer.<br />
Und was noch schlimmer war, die Hotels zogen das falsche Publikum an –<br />
Neureiche aus Boston und New York. Den Todesstoß aber versetzte ihnen<br />
das Automobil. Die Hotels waren dafür gebaut worden, daß die Gäste mindestens<br />
zwei Wochen blieben, aber das Auto verlieh den Menschen dauerhafte<br />
Mobilität. In der 1924er Ausgabe von New England Highways and<br />
Byways from a Motor Car schwärmt der Autor von der unvergleichlichen<br />
Pracht der White Mountains – den tosenden Wasserfällen in Franconia, der<br />
Alabasterherrlichkeit des Mount Washington, dem intimen Charme der<br />
kleinen Städte Lincoln und Bethlehem – und legt den Besuchern dringend<br />
ans Herz, sich für die Berge einen ganzen Tag Zeit zu nehmen. In Amerika<br />
begann das Zeitalter des Automobils und der beschränkten Aufnahmefähigkeit.<br />
Ein Hotel nach dem anderen wurde geschlossen, die Häuser wurden baufällig<br />
oder – was häufiger geschah – brannten bis auf die Grundmauern ab<br />
(wobei nicht selten die Versicherungspolice das Einzige war, was den<br />
Brand überstand), und der Wald eroberte sich das Gelände zurück. Früher<br />
konnte man vom Gipfel aus an die 20 Hotels sehen, heute ist nur noch eins<br />
davon übriggeblieben, das Mount Washington, <strong>mit</strong> seinem feschen roten<br />
Dach noch immer beeindruckend und irgendwie feierlich, aber in seiner<br />
einsamen Pracht und Herrlichkeit auch unwiederbringlich verloren. Selbst<br />
dieses Haus ist mehrmals nur knapp einer Pleite entkommen. An anderen<br />
Stellen tief unten im Tal, da, wo sich früher das Fabyan, das Mount Pleasant,<br />
das Crawford House und viele andere Hotels stolz erhoben, sind heute<br />
nur noch Bäume, Highways und Motels zu erkennen.