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Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

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er in die andere Richtung gegangen war. Eigentlich unmöglich. Katz hätte<br />

mich niemals ohne eine Erklärung im Stich gelassen. Nie. Oder war er irgendwo<br />

unterwegs auf dem Grat gestürzt? Es war ein absurder Gedanke,<br />

denn der Weg war nicht im mindesten schwierig oder gar gefährlich, aber<br />

man konnte ja nie wissen. John Connolly hatte uns vor einigen Wochen von<br />

einem Freund berichtet, der bei großer Hitze ohnmächtig geworden war, auf<br />

einem sicheren und ebenen Weg gestürzt war und stundenlang ein paar<br />

Meter neben dem Weg in der brütenden Sonne gelegen hatte, bis er langsam<br />

austrocknete. Ich suchte den ganzen Trail bis zur Abzweigung zum Cloud<br />

Pond nach frischen Spuren ab, besonders den Wegrand, und schaute in<br />

Abständen über den Kamm, jedesmal in Angst, Katz in verrenkter Haltung<br />

unten auf einem Stein liegend zu entdecken. Ich rief mehrere Male laut<br />

seinen Namen, aber bekam nur das Echo meiner eigenen schwächer werdenden<br />

Stimme zur Antwort.<br />

Als ich zur Abzweigung kam, waren es zwei Stunden, seit ich Katz zuletzt<br />

gesehen hatte. Langsam wurde mir die Sache unheimlich. Die einzige noch<br />

verbliebene Möglichkeit war, daß er an der Abzweigung vorbeigegangen<br />

war, als ich gerade unten am See das Wasser filterte, aber auch das war<br />

eigentlich höchst unwahrscheinlich. Oben am Trail hing deutlich sichtbar<br />

ein Pfeil, auf dem »Cloud Pond« stand, und mein Rucksack hatte darunter<br />

am selben Baum gelehnt. Selbst wenn ihm beides nicht aufgefallen wäre,<br />

hätte er doch gewußt, daß Cloud Pond nur anderthalb Kilometer vom Barren<br />

Mountain entfernt war. Wenn man den AT über so lange Zeit abgewandert<br />

war wie wir, kann man einen Kilometer ziemlich genau abschätzen. Er<br />

konnte nicht allzu weit über die Abzweigung hinaus gegangen sein, ohne<br />

daß er seinen Fehler bemerkt hätte und zurückgekommen wäre. Das ergab<br />

keinen Sinn.<br />

Katz war allein da draußen in der Wildnis, ohne Wasser, ohne Karte, ohne<br />

eine genaue Vorstellung von der Beschaffenheit des Geländes vor ihm,<br />

wahrscheinlich ohne irgendeine Vorstellung davon, wie es mir erging, und<br />

<strong>mit</strong> einem beängstigenden Mangel an Gespür für das Richtige. Wenn es<br />

jemanden gab, der in dem Fall, daß er sich verirrte, den Weg verlassen und<br />

eine Abkürzung suchen würde, dann war es Katz. Allmählich machte ich<br />

mir ernsthaft Sorgen. Ich hinterließ einen Zettel auf meinem Rucksack und<br />

ging den Trail weiter. Nach ungefähr 800 Metern führte der Weg fast 180<br />

Meter senkrecht bergab in ein einsames namenloses Hochtal. Er hätte sicher<br />

längst gemerkt, daß er falsch gegangen war. Ich hatte ihm gesagt, der Weg<br />

zum Cloud Pond führe über leichtes und ebenes Gelände.<br />

Ich kletterte vorsichtig den Hang hinunter, rief in Abständen Katz’ Namen<br />

und befürchtete das Schlimmste – es war eine Klippe, die man leicht hinunterstürzen<br />

konnte, besonders, wenn man <strong>mit</strong> einem schweren sperrigen

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