Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf
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<strong>mit</strong>nahmen, auch wenn das eine größere Belastung für Katz darstellte, als<br />
ihm lieb war –, aber ich erklärte mich da<strong>mit</strong> einverstanden, den Kocher, die<br />
Gaskartuschen, Töpfe und Pfannen zu Hause zu lassen. Wir konnten uns<br />
von mir aus von Trockennahrung ernähren – hauptsächlich Snickers, Rosinen<br />
und einer unverderblichen Salami, die sich Slim Jim nannte. Wir würden<br />
in den 14 Tagen schon nicht verhungern. Außerdem konnte ich keinen<br />
Nudeleintopf mehr sehen. Alles in allem sparten wir da<strong>mit</strong> ungefähr zwei<br />
bis zweieinhalb Kilo pro Person ein, eigentlich lächerlich, aber Katz freute<br />
sich kindisch. Es kam nicht oft vor, daß er seinen Willen bekam, wenn auch<br />
nur teilweise.<br />
Und so brachte uns meine Frau am nächsten Tag <strong>mit</strong> dem Auto bis tief in<br />
den schier endlosen Wald im Norden von Maine, von wo aus Katz und ich<br />
zu unserer Hundred-Mile-Wilderness-Tour aufbrechen wollten. Maine ist<br />
trügerisch. Es ist der zwölftkleinste Bundesstaat, aber er hat mehr unbesiedeltes<br />
Waldgebiet – vier Millionen Hektar – als jeder andere Bundesstaat<br />
außer Alaska. Auf Fotos sieht es immer friedlich und verlockend aus, wie<br />
ein einziger großer Park, <strong>mit</strong> Hunderten kühlen, tiefen Seen und einer welligen,<br />
nebelverhangenen Gebirgslandschaft, so weit das Auge reicht. Nur<br />
der Katahdin bietet <strong>mit</strong> seinen nackten Felshängen unterhalb des Gipfels<br />
und seiner überraschend brachialen Erscheinung einen einschüchternderen<br />
Anblick. In Wahrheit ist aber alles ziemlich anstrengend.<br />
Die Waldhüter in Maine haben eine gewisse natürliche Begabung dafür, die<br />
steinigsten Anstiege und die gefährlichsten Hänge für den Trail auszusuchen,<br />
und von denen besitzt Maine eine atemberaubende Menge. Auf seinen<br />
455 Kilometern durch Maine verlangt der Appalachian Trail von dem Wanderer,<br />
der von Süden nach Norden geht, 30.000 Höhenmeter Kletterei, also<br />
dreimal den Everest rauf und runter. Mittendrin liegt die berühmte Hundred<br />
Mile Wilderness, die von dem kleinen Ort Monson bis zu einem Campingplatz<br />
in Abol Bridge reicht, ein Stück hinter dem Mount Katahdin. Es sind<br />
genau 160,44 Kilometer Waldwanderweg, ohne ein Haus, einen Laden, ein<br />
Telefon oder eine asphaltierte Straße – der abgelegenste Abschnitt des gesamten<br />
AT. Wenn einem hier etwas passiert, ist man auf sich allein gestellt<br />
und kann schon an einer infizierten Blutblase sterben.<br />
Die meisten brauchen eine Woche bis zehn Tage, um diese berüchtigte<br />
Wildnis zu durchqueren. Da wir zwei Wochen zur Verfügung hatten, ließen<br />
wir uns von meiner Frau in Caratunk absetzen, einem abgeschiedenen Ort<br />
am Kennebec River, 61 Kilometer vor Monson und dem offiziellen Ausgangspunkt<br />
der Strecke. So blieben uns drei Tage, um uns einzustimmen,<br />
und wir hatten Gelegenheit, uns in Monson noch einmal <strong>mit</strong> dem Nötigsten<br />
einzudecken, bevor wir uns endgültig in die Waldwildnis begaben. Ich war