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Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf

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ewältigen, sondern auch jede Nacht eingepfercht zwischen lauter Fremden<br />

verbringen müßte. Wir schälten uns aus den nassen Klamotten und kramten<br />

in den Rucksäcken nach trockenen, aber sogar die Sachen von ganz unten<br />

fühlten sich klamm an. In eine der Hüttenwände war ein in Stein gefaßter<br />

Kamin eingebaut, und ein aufmerksamer Mensch hatte daneben ein paar<br />

Äste und Scheite gelegt. Katz versuchte ein Feuer anzuzünden, aber alles<br />

war so feucht, daß nichts brannte, nicht einmal die Streichhölzer wollten<br />

zünden. Katz stöhnte entnervt und gab auf. Ich beschloß, Kaffee zu kochen,<br />

um uns aufzuwärmen, aber der Kocher erwies sich ebenfalls als zu launisch.<br />

Während ich noch <strong>mit</strong> dem Kocher herumspielte, hörte ich von draußen das<br />

quietschende Knistern von Nylongewebe, und zwei junge Frauen betraten<br />

verdreckt und durchnäßt die Hütte. Die beiden kamen aus Boston und waren<br />

über einen Nebenwanderweg von Cades Cove aus auf den AT gestoßen. Ein<br />

paar Minuten später kamen vier Studenten der Wake Forest University<br />

dazu, die gerade Semesterferien hatten, dann ein einzelner Wanderer, unser<br />

alter Bekannter Jonathan, und schließlich noch zwei bärtige Männer <strong>mit</strong>tleren<br />

Alters. Nach vier Tagen, in denen wir kaum jemand gesehen hatten,<br />

waren wir plötzlich umringt von Menschen.<br />

Jedermann war freundlich und rücksichtsvoll, aber man kam nicht um die<br />

Erkenntnis herum, daß die Hütte hoffnungslos überbelegt war. Ich dachte<br />

daran – und nicht zum ersten Mal –, wie herrlich es wäre, wie absolut<br />

traumhaft, wenn MacKayes ursprüngliche Vision Wirklichkeit geworden<br />

wäre: wenn die Schutzhütten richtige Herbergen wären, <strong>mit</strong> heißen Duschen,<br />

Einzelbetten, <strong>mit</strong> Trennvorhängen für die Intimsphäre, <strong>mit</strong> Leselampe<br />

bitteschön, und <strong>mit</strong> einem Hüttenwirt, beziehungsweise Koch, der<br />

immer ein Feuer in Gang hielt und der uns jetzt jeden Augenblick auffordern<br />

würde, uns an einen langen Tisch zu setzen, um das Abendbrot aus<br />

Eintopf und Knödeln, Vollkornbrot und, sagen wir, einem Stückchen Pfirsichkuchen<br />

einzunehmen. Draußen gäbe es eine Terrasse <strong>mit</strong> Schaukelstühlen,<br />

auf der könnte man sitzen und gemütlich sein Pfeifchen rauchen und<br />

dabei der Sonne beim Untergehen hinter den fernen Bergen zuschauen. Was<br />

für ein Segen wäre das. Ich saß auf dem Rand des Schlafpodestes, versunken<br />

in meine Träumerei und ganz in Anspruch genommen von der Tätigkeit,<br />

eine kleine Wassermenge zum Kochen zu bringen – eigentlich war ich<br />

ganz zufrieden –, als einer der älteren Männer herüberschlurfte und sich<br />

vorstellte. Ich hatte sofort das beklemmende Gefühl, daß wir uns gleich<br />

über unsere Ausrüstung unterhalten würden. Ich sah es förmlich kommen.<br />

Nichts ist mir so verhaßt, wie Gespräche über Wanderausrüstung.<br />

»Darf ich fragen, warum du dir einen Gregory-Rucksack gekauft hast?«<br />

wollte Bob wissen.<br />

»Ich habe gedacht, es ist bequemer als das ganze Zeug in den Armen zu

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