Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf
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ihm wieder abzunehmen, wenn er fertig war. Drei Leute standen am Fenster<br />
und sahen hinaus in den Schnee. Die Unterhaltung drehte sich ausschließlich<br />
ums Wetter. Schwer zu sagen, wann wir hier herauskämen. Es<br />
war unmöglich, sich nicht wie ein Gefangener zu fühlen.<br />
Wir verbrachten eine miserable Nacht auf unseren Kojen, beim schwachen<br />
Licht der flackernden Glut im Ofen, den der schüchterne Mensch eifrig<br />
fütterte – er konnte oder wollte wegen der sich hin und her wälzenden Körpermasse<br />
von Katz, der die Bretter direkt über seinem Kopf durchbog, nicht<br />
schlafen. Man war eingelullt von einer Gemeinschaftssymphonie aus nächtlichen<br />
Geräuschen, Seufzern, müdem Ausatmen, schepperndem Schnarchen,<br />
dem ununterbrochenen Todesröcheln des Mannes, der das Philly-<br />
Sandwich <strong>mit</strong> Bratenaufschnitt und Käse gegessen hatte, und dem eintönigen<br />
Zischen des Ofens. Es war wie der Soundtrack zu einem alten Film.<br />
Wir wachten steif und unausgeschlafen bei einem trüben Tagesanbruch auf.<br />
Es schneite, und uns blieb nur die entmutigende Aussicht auf einen sehr<br />
langen Tag, an dem man nichts anderes machen konnte, als sich im Laden<br />
die Zeit zu vertreiben oder auf seiner Koje zu liegen und alte Ausgaben von<br />
Reader’s Digest zu lesen, die ein kleines Regal neben der Tür füllten. Dann<br />
hieß es plötzlich, daß ein beflissener junger Mann namens Zack aus einer<br />
der Hütten sich irgendwie nach Franklin durchgeschlagen und einen Minibus<br />
gemietet hatte und anbot, uns für fünf Dollar pro Nase in die Stadt zu<br />
bringen. Es setzte eine regelrechte Massenflucht ein. Zum Leidwesen von<br />
Buddy und Jensine zahlten fast alle Gäste und brachen auf. 14 Leute<br />
quetschten sich in den Minibus und begaben sich auf die lange Fahrt nach<br />
Franklin, das tief unten in einem schneefreien Tal lag.<br />
So kamen wir zu einem Kurzurlaub in Franklin, einem kleinen, trostlosen<br />
Ort, darauf bedacht, möglichst reizlos zu erscheinen, einem Ort, an dem<br />
man aus Mangel an anderer Zerstreuung die Männer im Sägewerk beim<br />
Verladen von Holzstämmen <strong>mit</strong> dem Gabelstapler beobachtet. Es gab<br />
nichts, aber auch gar nichts, keinen Laden, in dem man ein Buch hätte kaufen<br />
können, geschweige denn eine Zeitschrift, die nicht von Rennbooten,<br />
aufgemotzten Autos oder Waffen und Munition handelte. In dem Städtchen<br />
wimmelte es von Wanderern, die, genau wie wir, aus den Bergen vertrieben<br />
worden waren und nichts anderes zu tun hatten, als lustlos im Diner oder im<br />
Waschsalon herumzuhängen und zwei- bis dreimal am Tag ans andere Ende<br />
der Main Street zu pilgern und einen verzweifelten Blick auf die fernen,<br />
schneebedeckten und offenkundig unpassierbaren Berge zu werfen. Die<br />
Aussichten standen nicht gut. Das Gerücht machte die Runde, in den Smokies<br />
gäbe es zwei Meter hohe Schneeverwehungen. Es würde Tage dauern,<br />
bis der Weg wieder frei wäre.<br />
Ich verfiel dadurch in eine Art unruhige Niedergeschlagenheit, die sich