Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf
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zend eine steile, aber an sich bescheidene Erhebung, Becket Mountain,<br />
hinauf. Während ein Schwarm abwehr<strong>mit</strong>telresistenter Mücken mich umschwirrte,<br />
faßte ich in meine Tasche, um zu überprüfen, ob mein Messer<br />
noch da war.<br />
Ich rechnete eigentlich nicht da<strong>mit</strong>, einem Berglöwen zu begegnen, aber<br />
erst am Tag zuvor hatte ich in einem Artikel im Boston Globe gelesen, daß<br />
sich Berglöwen im Westen – wo sie definitiv noch nicht ausgerottet sind –<br />
in letzter Zeit in den Wäldern von Kalifornien vermehrt an Wanderer und<br />
Jogger heranpirschten und sie töteten. Es traf sogar den unvermeidlichen<br />
armen Kerl, der <strong>mit</strong> Schürze und lustigem Hütchen an seinem Grill im Garten<br />
stand. Das kam mir wie ein böses Omen vor.<br />
Es ist durchaus möglich, daß Berglöwen in New England unentdeckt überlebt<br />
haben. Rotluchse, die zugegebenermaßen erheblich kleiner sind als<br />
Berglöwen, gibt es wieder in beträchtlicher Zahl, aber die Tiere halten sich<br />
versteckt und sind so scheu, daß man ihre Existenz kaum wahrnimmt. Viele<br />
Ranger kriegen während ihres gesamten Berufslebens kein einziges Exemplar<br />
zu Gesicht, und in den Wäldern im Osten Amerikas finden große Wildkatzen<br />
genügend Platz, um ungehindert herumstreunen zu können. Allein in<br />
Massachusetts gibt es 100.000 Hektar Wald, davon entfallen 40.000 auf die<br />
attraktiven Berkshires. Von meinem augenblicklichen Standort aus hätte<br />
ich, festen Willen und einen unerschöpflichen Nudelvorrat vorausgesetzt,<br />
bis nach Cape Chidley im nördlichen Quebec durchwandern können, 2.900<br />
Kilometer weit bis zur eiskalten Labrador Sea, und kaum je unter dem<br />
schützenden Dach der Bäume hervorzutreten brauchen. Dennoch ist es<br />
höchst unwahrscheinlich, daß von einer so großen Wildkatzenart genug<br />
Exemplare überlebt haben, um sich nicht nur in einem überschaubaren Gebiet,<br />
sondern in ganz New England unbemerkt über neun Jahrzehnte hinweg<br />
fortzupflanzen. Dennoch gab es den von einem Biologen untersuchten Kot.<br />
Und der stammte zweifelsohne von einem Berglöwen.<br />
Die plausibelste Erklärung für die Existenz der Löwen draußen im Wald<br />
war, daß es sich dabei um ausgesetzte Haustiere handelte, die unüberlegt<br />
gekauft worden waren und die man später wieder loswerden wollte. Ich<br />
hätte also noch Glück, wenn mich ein Tier <strong>mit</strong> Flohhalsband und Impfpaß<br />
anfallen würde. Ich stellte mir vor, ich läge auf dem Rücken, würde gerade<br />
genüßlich verspeist und könnte dabei auf der über mir baumelnden Hundemarke<br />
lesen: »Ich heiße Mr. Bojangles. Wer mich findet, ruft bitte Tanya<br />
und Vinny an, Telefon: 924-4667«<br />
Wie die meisten großen Tiere – und jede Menge kleinerer -wurde der Berglöwe<br />
im Osten ausgerottet, weil er als Plage galt. Bis 1940 gab es in vielen<br />
Bundesstaaten im Osten groß angekündigte »Kampagnen zur Schädlingsbekämpfung«,<br />
die häufig vom Amt für Naturschutz durchgeführt wurden. Das