Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf
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terzugehen. Die Hütte würden wir viel schneller erreichen als den acht Kilometer<br />
entfernten Parkplatz, wo unser Auto stand.<br />
»Willst du auch bestimmt nicht umkehren?«<br />
»Nein.« Ich beharrte darauf. »Wir sind in einer halben Stunde da.«<br />
Wir machten uns wieder auf den Weg durch die graue Suppe und den peitschenden<br />
Wind, überquerten den l .554 Meter hohen Mount Lincoln und<br />
stiegen dann ein Stück zu einem sehr schmalen Grat ab. Die Sicht betrug<br />
jetzt keine fünf Meter, und es wehte ein messerscharfer Wind. Die Temperatur<br />
sinkt alle 300 Höhenmeter um etwa 1,8 Grad Celsius; in dieser Höhe<br />
wäre es also ohnehin kälter gewesen, aber jetzt war es richtig ungemütlich.<br />
Ich sah <strong>mit</strong> Entsetzen, daß sich Hunderte kleiner Wassertropfen auf meinem<br />
Pullover ansammelten, die allmählich durch das Gewebe drangen und sich<br />
<strong>mit</strong> der Feuchtigkeit des Hemdes darunter vereinigten. Ehe wir auch nur<br />
einen halben Kilometer zurückgelegt hatten, war der Pullover klitschnaß<br />
und hing schwer auf meinen Schultern und an den Armen.<br />
Zu allem Unglück trug ich auch noch Jeans. Jeder wird einem bestätigen,<br />
daß Blue Jeans das ungeeignetste Kleidungsstück für eine Wanderung sind.<br />
Ich hatte mich dennoch zu einem Fan von diesen Hosen entwickelt, weil sie<br />
strapazierfähig sind und einen ganz gut vor Dornen, Zeckenbissen, Insekten<br />
und Giftpflanzen schützen – ideal für den Wald also. Ich gebe allerdings<br />
unumwunden zu, daß sie bei Kälte und Feuchtigkeit nutzlos sind. Den<br />
Baumwollpullover hatte ich nur pro forma eingesteckt, so wie man auch ein<br />
Schlangenbiß-Set oder Schienen für Knochenbrüche einpackt. Meine Güte,<br />
es war Juli. Ich hatte nicht da<strong>mit</strong> gerechnet, daß man sonst noch Oberbekleidung<br />
benötigen würde, höchstens das Regencape, das ich ja nun leider<br />
nicht dabei hatte. Kurzum, ich war unpassend angezogen, was gefährlich<br />
werden konnte, und forderte mein Leiden und meinen Tod regelrecht heraus.<br />
Ich litt wirklich.<br />
Dabei hatte ich noch Glück. Der Wind fegte laut und gleichmäßig <strong>mit</strong> einer<br />
Geschwindigkeit von etwa 40 Stundenkilometern, aber die Böen kamen <strong>mit</strong><br />
mindestens doppelter Geschwindigkeit und zudem aus ständig wechselnden<br />
Richtungen. Wenn der Wind uns direkt ins Gesicht blies, ging es nur zwei<br />
Schritte vor und einen zurück. Wenn er von der Seite kam, versetzte er uns<br />
jedesmal einen kräftigen Schubs und drängte uns an den Rand des Grats.<br />
Bei dem Nebel ließ sich nicht feststellen, wie tief der Sturz auf beiden Seiten<br />
sein würde, aber die Hänge waren ziemlich steil, wir befanden uns<br />
schließlich auf über l .600 Metern und hoch in den Wolken. Wenn sich die<br />
Verhältnisse auch nur ein klein bißchen verschlechtert hätten – man vor<br />
lauter Nebel seine eigenen Füße nicht mehr gesehen hätte, oder die Böen<br />
genug Kraft gehabt hätten, einen erwachsenen Menschen umzustoßen –,<br />
dann hätten wir da unten festgesessen, und ich wäre obendrein bis auf die