Picknick mit Baren - Bryson, Bill.pdf
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Bergen alles Neues erleben und sehen würden – Riesensalamander und<br />
gewaltige Tulpenbäume und den berüchtigten Ölbaumpilz, der nachts ein<br />
grünliches phosphoreszierendes Licht abstrahlt, Foxfire genannt. Vielleicht<br />
würden wir sogar einen Bär sehen (natürlich vom Wind abgekehrt, aus<br />
sicherer Entfernung, und mich sollte er links liegenlassen, ausschließlich<br />
Interesse an Katz zeigen, wenn es schon einen von uns beiden treffen sollte).<br />
Aber vor allem gab es die Hoffnung, ja die Überzeugung, daß der Frühling<br />
nicht mehr weit war, daß wir uns ihm <strong>mit</strong> jedem Tag näherten und daß<br />
er hier in den Smokies endlich ausbrechen würde.<br />
Die Smokies sind ein echtes Paradies. Wir betraten ein Gebiet, das die Botaniker<br />
gern als den »schönsten Mischwald der Welt« bezeichnen. Die<br />
Smokies beherbergen eine erstaunliche Pflanzenvielfalt – über 1.500 Arten<br />
von Wildpflanzen, 1.000 verschiedene Sträucher, 530 Moose und Flechten,<br />
2.000 Pilze. Hier ist die Heimat von 130 Baumarten (in ganz Europa gibt es<br />
zum Beispiel nur 85).<br />
Dieser verschwenderische Überfluß ist dem fruchtbaren, lehmigen Boden<br />
der geschützten Täler zu verdanken, die man »coves« nennt, dem feuchtwarmen<br />
Klima, das diesen bläulichen Dunst erzeugt, von dem die Smokies<br />
ihren Namen haben, und vor allem dem glücklichen Umstand, daß die Appalachen<br />
von Norden nach Süden verlaufen. Als sich während der letzten<br />
Eiszeit Gletscher und Eisdecken von der Arktis her ausbreiteten, wich die<br />
Flora der nördlichen Halbkugel nach Süden aus. In Europa stießen dabei<br />
unzählige Arten an die unüberwindliche Grenze der Alpen und anderer<br />
kleinerer Gebirge und starben aus. Im Osten Nordamerikas gab es kein<br />
solches Hindernis, und so bahnten sich Bäume und andere Pflanzen ihren<br />
Weg über Flüsse und an Gebirgsflanken entlang, bis sie das artverwandte<br />
Refugium der Smokies erreichten, wo sie seitdem geblieben sind. (Als sich<br />
das Eis wieder zurückzog, setzte auch ein langer Prozeß der allmählichen<br />
Rückkehr der im Norden einheimischen Bäume in ihre angestammten Gebiete<br />
ein. Manche von ihnen, Zeder und Rhododendron zum Beispiel, kehren<br />
erst jetzt heim – was uns nur zeigt, daß die Eisdecke, geologisch gesehen,<br />
erst gestern abgetaut ist.)<br />
Pflanzenvielfalt bringt natürlich auch eine reiche Tierwelt <strong>mit</strong> sich. In den<br />
Smokies leben 67 verschiedene Säugetiere, 200 Vogelarten sowie 80 Reptilien-<br />
und Amphibienspezies – mehr als in anderen vergleichbar großen<br />
Gebieteninden gemäßigten Klimazonen der Erde. Die Smokies sind vor<br />
allem berühmt wegen ihrer Bären – Schätzungen gehen von 400 bis 600<br />
Tieren aus –, aber diese stellen auch seit Jahren ein Problem dar, denn viele<br />
haben die Scheu vor Menschen verloren. Über eine Million Menschen<br />
kommen jedes Jahr in die Smokies, viele nur um zu picknicken. Bären haben<br />
gelernt, Menschen <strong>mit</strong> Nahrung in Verbindung zu bringen. Für sie sind