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I Erwerbsarbeit, Eigenarbeit, handwerkliche Arbeit und Soziale Arbeit

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Das Kreativzentrum Wolfen-Nord<br />

arbeit für die Menschen in einem von Mangel gekennzeichneten Stadtteil wird im Anschluss<br />

eingegangen.<br />

Adaption des Konzeptes <strong>Eigenarbeit</strong><br />

Der Stifter <strong>und</strong> Gründer der anstiftung Mittelsten Scheid selbst schreibt, er möchte<br />

„Menschen die Möglichkeit bieten, frei <strong>und</strong> selbstbestimmt gestalten zu können –<br />

handwerklich, sozial <strong>und</strong> kulturell. Das ist <strong>Eigenarbeit</strong>“ (anstiftung, Broschüre). Müller<br />

(vgl. 2003, S.1) ergänzt, dass es um gebrauchswertorientierte <strong>Arbeit</strong> für den eigenen<br />

Bedarf geht. Mückenberger (1990, S.197) bezeichnet <strong>Eigenarbeit</strong> als Tätigkeiten, „die<br />

dem Eigensinn von Individuen <strong>und</strong> Gruppen folgen“, er stellt als Kennzeichen heraus,<br />

dass die <strong>Arbeit</strong> „nicht marktvermittelt ist <strong>und</strong> nicht fremdbestimmten Produktionsbedin<br />

gungen unterliegt“.<br />

Der Begriff <strong>Eigenarbeit</strong> existiert in den Wolfener Werkstätten nur als Relikt aus der<br />

Gründungszeit, der als eher hinderlich in Bezug auf die Gewinnung von BesucherInnen<br />

gesehen wird. „Also von <strong>Eigenarbeit</strong> wollten die überhaupt nichts wissen. <strong>Eigenarbeit</strong><br />

durften wir das auch nicht… sollten wir das auch nicht nennen…“ (L 662-664).<br />

Müller (2003, S.6) erklärt die allgemeine Ablehnung der Subsistenz in der Region Wol-<br />

fen-Nord aus soziologischer Perspektive damit, „dass eigenorganisierte, subsistenzorientierte<br />

Strukturen in der öffentlichen Wahrnehmung mit der alten Mangelwirtschaft<br />

verknüpft“ werden. Außerdem habe das „Primat der Lohnarbeit“ (ebd.) zu einer Fixierung<br />

auf den unmittelbaren Gelderwerb geführt. Nur entlohnte Tätigkeiten, sind „wertvolle“<br />

Tätigkeiten. Es herrscht eine ganz klare <strong>Arbeit</strong>sorientierung hin auf <strong>Erwerbsarbeit</strong>.<br />

Eine weitere, eher sozialpsychologische Erklärung liefert Mückenberger (1990, S.200) :<br />

„<strong>Arbeit</strong>slose (…) werden durch ein hohes Maß psychischer, materieller <strong>und</strong> sozialer In-<br />

stabilität daran gehindert, „eigensinniger“ <strong>Arbeit</strong> nachzugehen. Sie drückt der Mangel<br />

an stabiler <strong>Erwerbsarbeit</strong> zu sehr, als daß sie aus der Not der <strong>Arbeit</strong>slosigkeit die Tugend<br />

der <strong>Eigenarbeit</strong> machen könnten.“ Mutz et al. finden dies in ihrer Untersuchung<br />

des Münchner HEi bestätigt. <strong>Eigenarbeit</strong> wird während einer Zeit der <strong>Arbeit</strong>slosigkeit<br />

dann als stützend erlebt, wenn Menschen bereits vorher, während der Erwerbstätigkeit<br />

in dem Bereich tätig waren. „<strong>Eigenarbeit</strong> in der <strong>Arbeit</strong>slosigkeit anzufangen, erfordert<br />

aus Sicht der NutzerInnen (zu) viel Eigeninitiative <strong>und</strong> Selbstvertrauen“ (Mutz et al.<br />

1997, S. 90).<br />

Auf der Homepage unter der Rubrik Werkstätten lädt das Kreativzentrum ein, „durch<br />

<strong>Eigenarbeit</strong> (…) in allen Werkstätten persönliche Geschenke <strong>und</strong> Nutzartikel“ zu kreieren.<br />

In Kap. II 3.2.3 Ziele <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong>sweisen haben wir jedoch festgestellt, dass es im<br />

Verständnis des Begriffes <strong>Eigenarbeit</strong> zu<br />

einer unbewussten Verschiebung gekommen<br />

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