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I Erwerbsarbeit, Eigenarbeit, handwerkliche Arbeit und Soziale Arbeit

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Handwerkliche <strong>Arbeit</strong>sprozesse<br />

Exkurs: kurzer geschichtlicher Einblick zur Entwicklung des produzierenden Hand-<br />

werks<br />

Handwerkliche Produktionsweise hat sich ursprünglich – wie alle anderen Gewerbe<br />

auch – aus der Subsistenzwirtschaft, also der landwirtschaftlich geprägten Selbstversorgung<br />

<strong>und</strong> Bodenbearbeitung heraus entwickelt (vgl. Negt/ Kluge 1993, S. 162). „Erst<br />

mit der Weiterentwicklung von Werkstoffen <strong>und</strong> Verarbeitungsmethoden bildeten sich<br />

durch <strong>Arbeit</strong>steilung unterschiedliche spezialisierte Handwerke heraus, die ihre Produkte<br />

zunehmend auch über Märkte handelten“ (Rumpf 2003, S. 99).<br />

Als vorherrschende Produktionsweise kann Handwerk bis Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

bezeichnet werden. Die Gesellen <strong>und</strong> Meister 27 produzierten mit einfachen Universalwerkzeugen<br />

<strong>und</strong> dem eigenen Können: die in der Lehre <strong>und</strong> mit den Berufsjahren erworbenen<br />

Kenntnisse <strong>und</strong> <strong>handwerkliche</strong>n Fertigkeiten waren ihr Kapital.<br />

Anfang des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts trat die Massenproduktion weltweit ihren Siegeszug an.<br />

Güter <strong>und</strong> Dienstleistungen wurden nun zu niedrigen Preisen gefertigt <strong>und</strong> vermarktet.<br />

Jede/r sollte sich die industriellen Waren leisten können, der Markt war von einer ungesättigten<br />

Nachfrage nach Primärgütern geprägt (vgl. Ax 1997, S. 104 ff.). In dieser<br />

<strong>und</strong> der folgenden Zeit mussten viele traditionelle vorindustrielle Werkstätten schließen,<br />

sich einem „Funktionswandel“ unterziehen (z. B. eine Dorfschmiede verwandelte<br />

sich in einen Reparaturbetrieb für landwirtschaftliche Maschinen) oder sich durch Anpassung<br />

verändern (z. B. durch Vollmechanisierung oder Spezialisierung) (vgl. Stöckle<br />

2005, S. 9).<br />

Seit Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts wirken sich gesamtgesellschaftliche<br />

Entwicklungstendenzen wie Individualisierung, Singularisierung, Wertewandel <strong>und</strong> die<br />

Erosion traditioneller Lebenszusammenhänge zunehmend auf den Produktmarkt aus<br />

<strong>und</strong> spiegeln sich somit auch in Industrie <strong>und</strong> Handwerk wider (vgl. Ax 1997, S. 106).<br />

Die industrielle Massenproduktion verliert insofern an Bedeutung, als dass von Seiten<br />

der K<strong>und</strong>Innen ein erhöhter Bedarf nach Individualität, Flexibilität <strong>und</strong> Selbstbestimmung<br />

im Konsumverhalten zu verzeichnen ist. Es zeichnet sich ein Trend ab, der ein<br />

neues Leitbild verkörpert: das der „maßgeschneiderten Massenfertigung“ (Ax 1997, S.<br />

108) oder der „k<strong>und</strong>enindividuellen Massenproduktion“ (Gros 2001, S. 57). Die neue<br />

Produktion wird nicht nur als „nachindustriell“, sondern auch als „neohandwerklich“ oder<br />

als „digitales Handwerk“ bezeichnet (vgl. ebd., S. 57).<br />

27 Die hier verwendete männliche Sprachform weist darauf hin, dass Handwerksmeister in der<br />

Regel/ Tradition männlichen Geschlechts waren. Laut einer Untersuchung von Stöckle hatten<br />

die so genannten „Meisterfrauen“ jedoch eine ebenso wichtige, in vielen <strong>handwerkliche</strong>n <strong>Arbeit</strong>en<br />

unterstützende <strong>und</strong> das „System des ganzen Hauses zusammenhaltende“ Funktion im Betriebsablauf,<br />

die allerdings weder in besonderer Weise erwähnt noch entlohnt wurde (vgl. Stöckle<br />

1993, S. 337 ff.). Vgl. in diesem Zusammenhang auch die so genannten „Hausfrauisierung“<br />

von <strong>Arbeit</strong> (z. B. Müller 1998, S. 134 oder Baier 2004).<br />

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