I Erwerbsarbeit, Eigenarbeit, handwerkliche Arbeit und Soziale Arbeit
I Erwerbsarbeit, Eigenarbeit, handwerkliche Arbeit und Soziale Arbeit
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Das Kreativzentrum Wolfen-Nord<br />
serer Meinung nach trotzdem herausgefordert <strong>und</strong> auch die Nachhaltigkeit wird geför<br />
dert, indem „Materialien, die andere nicht brauchen“ (M 313) verwendet werden <strong>und</strong><br />
der Ressourcenmangel dazu zwingt, „anders zu bauen, mit dem was uns zur Verfügung<br />
steht“ (M 324). Wir sehen hier durchaus<br />
Aspekte von gestalterischem Erleben,<br />
wie wir es in der Einleitung zu Kap. II 2 definiert haben. Die Menschen machen eine<br />
produktive <strong>und</strong> schöpferische Erfahrung.<br />
Die soziale Dimension der öffentlichen <strong>Eigenarbeit</strong>, also die mögliche „Begegnung über<br />
das Werkstück“ (Kühnlein 1997, S. 44) <strong>und</strong> die Komponente des „sich gegenseitig Helfen<br />
<strong>und</strong> Unterstützen als Lernfeld für <strong>Soziale</strong> Kompetenz“ (ebd.) wurden in den Gesprächen<br />
kaum thematisiert. Das <strong>handwerkliche</strong> Tun <strong>und</strong> das <strong>Soziale</strong> werden im Krea<br />
tivzentrum nicht in besonderer Weise in Zusammenhang gebracht. Im Gegenteil, im<br />
Absatz „Hürden“ in Kap. II 3.2.5 wurde festgestellt, dass <strong>Eigenarbeit</strong> auch als Zugangshemmnis<br />
zum Kreativzentrum gesehen wird. Das erklärt sich, wenn man die ge-<br />
nerell<br />
eher ablehnende Einstellung zu <strong>Eigenarbeit</strong> in Wolfen-Nord soziologisch <strong>und</strong> so-<br />
zialpsychologisch nachvollzieht,<br />
wie oben geschehen.<br />
Anleitung zur <strong>Eigenarbeit</strong>?<br />
Was die Anleitung bzw. Fachberatung in den Werkstätten angeht, so sind in Wolfen-<br />
Nord deutliche Differenzen zur theoretischen Beschreibung von Kühnlein (1997, S. 44)<br />
festzustellen. Sie führt unter Bedingungen für öffentliche <strong>Eigenarbeit</strong> aus, dass die<br />
fachliche Beratung mit didaktischem Konzept erfolgen soll, das Eigeninitiative <strong>und</strong><br />
Selbstvertrauen fördert. In unserem Gespräch mit den beiden Männern konnten wir<br />
kein didaktisches Konzept erkennen, ein Selbstverständnis <strong>und</strong> Einverständnis, wie die<br />
Anleitung geschehen soll, dagegen wohl. Es geht den beiden in erster Linie um die<br />
fachlich korrekte Beratung <strong>und</strong> Anleitung, das Werkstück soll möglichst gut gelingen.<br />
<strong>Arbeit</strong>sprozess, Erwerb von Kompetenzen <strong>und</strong> Fähigkeiten <strong>und</strong> der eigensinnig arbeitende<br />
Mensch stehen nicht so sehr im Vordergr<strong>und</strong>. „Es gibt natürlich Leute, (…)die<br />
kommen her <strong>und</strong> bringen’s Material mit <strong>und</strong> schneiden das dann selber zu(…)unter un<br />
serer Aufsicht, <strong>und</strong> es gibt natürlich och Leute, die sind natürlich so ne Linkstatzen <strong>und</strong><br />
da schneiden wir das dann schon zu. (…) …wenn wir eh dabei sind, die zwee linke<br />
Pfoten ham oder so“ (M 27-34). Gefördert wird <strong>Eigenarbeit</strong> auf diesem Weg eher bei<br />
den Leuten, die bereits Zugang zu handwerklich-kreativer <strong>Arbeit</strong> hatten, neue zu ermutigen,<br />
erscheint so kaum möglich. Wir sehen zwischen dieser<br />
Haltung <strong>und</strong> der Tatsa-<br />
che,<br />
dass das Geschlechterverhältnis bei der Werkstattnutzung so klar zugeordnet ist,<br />
einen Zusammenhang.<br />
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