I Erwerbsarbeit, Eigenarbeit, handwerkliche Arbeit und Soziale Arbeit
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<strong>Eigenarbeit</strong><br />
zen. <strong>Eigenarbeit</strong> ist aktiver Konsum <strong>und</strong> Produktionsverzicht, motiviert aus aufgeklär-<br />
tem Hedonismus“ 21 , <strong>und</strong> weiter „<strong>Eigenarbeit</strong> soll der Ersatz von Ware durch eigenes<br />
Tätigsein heißen“ (Illich 1982, S. 52). Christine <strong>und</strong> Ernst U. von Weizsäcker (vgl.<br />
1979, S. 91 f.) bezeichnen <strong>Eigenarbeit</strong> als eine selbstbestimmte „ursprüngliche Form<br />
der <strong>Arbeit</strong>“; insofern sei sie eine Art Gr<strong>und</strong>recht, das den Menschen durch die Ökonomisierung<br />
der <strong>Arbeit</strong> zunehmend verwehrt bleibt <strong>und</strong> für dessen Rückgewinnung man<br />
eintreten müsse.<br />
Die Wurzeln der <strong>Eigenarbeit</strong> liegen demnach im Emanzipatorischen, als „Gegenströmung“<br />
zu steigendem Konsumdenken <strong>und</strong> zunehmend fremdbestimmter <strong>Erwerbsarbeit</strong><br />
(vgl. Kühnlein 1997, S. 41).<br />
Die in diesen Ansätzen anklingende Definition <strong>und</strong> die darin enthaltene Gesellschaftskritik<br />
sind der Ausgangspunkt für eine recht unübersichtliche Fülle von Begriffsbestimmungen,<br />
deren kleinster [0]gemeinsamer Nenner die Übereinstimmung ist, dass es<br />
sich um informelle, also nicht marktvermittelte, unbezahlte Tätigkeiten handelt. Die Abgrenzung<br />
zur <strong>Erwerbsarbeit</strong> ist das allen Definitionen zu Gr<strong>und</strong>e liegende Kriterium.<br />
Im folgenden Abschnitt nehmen wir den Versuch vor, die zunächst verwirrende Vielfalt<br />
von Definitionen <strong>und</strong> Kontexten, in denen <strong>Eigenarbeit</strong> als Kategoriebegriff gebraucht<br />
wird, in eine Ordnung zu bringen. Unterscheidungsmerkmal sind die Tätigkeiten, die<br />
mit der Definition umfasst sein sollen. Der jeweilige Bedeutungshorizont, also die visionären<br />
Aspekte bzw. der Kontext sollen ebenfalls kurz skizziert werden.<br />
Rolf G. Heinze <strong>und</strong> Claus Offe (1990a, S. 9 ff.) nehmen eine weit gefasste Begriffsbestimmung<br />
vor. Sie unterscheiden in erster Linie die formelle <strong>Erwerbsarbeit</strong> von der informellen<br />
<strong>Eigenarbeit</strong>. Dabei schlagen sie zunächst eine Dreiteilung von Tätigkeiten<br />
vor (<strong>Erwerbsarbeit</strong>, andere <strong>Arbeit</strong> bzw. dritter Sektor <strong>und</strong> Freizeitkonsum). Die Sphäre<br />
des so genannten dritten Sektors umfasst dabei „’Nützliche Tätigkeiten’ in der Grauzone<br />
zwischen Freizeitkonsum <strong>und</strong> <strong>Erwerbsarbeit</strong>“ (Heinze/ Offe 1990b, S. 95 f.). In diesem<br />
Sektor siedeln sie <strong>Eigenarbeit</strong> an.<br />
Inhaltlich kann <strong>Eigenarbeit</strong> alle erdenklichen Tätigkeiten umfassen, z. B. <strong>Eigenarbeit</strong> im<br />
Haushalt, Nachbarschafts- <strong>und</strong> Selbsthilfe, verschiedene Arten von Ehrenämtern, Vereinstätigkeiten<br />
etc. (vgl. Heinze/ Offe 1990a, S. 8); sie bildet in dieser Definition, die<br />
sich an der <strong>Erwerbsarbeit</strong> ausrichtet, sozusagen die Restkategorie (vgl. auch Mutz et al<br />
1997, S.13).<br />
Heinze <strong>und</strong> Offe betonen jedoch den <strong>Arbeit</strong>scharakter der Tätigkeit, der darin besteht,<br />
dass sie sich an einem „auch von anderen als nützlich bewertete[m] Ziel“ orientiert<br />
21 Der Begriff Hedonismus kommt aus der antiken griechischen philosophischen Lehre, nach<br />
welcher das höchste ethische Prinzip das Streben nach Sinnenlust <strong>und</strong> Genuss ist (vgl. Duden<br />
1990, S. 302)<br />
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