I Erwerbsarbeit, Eigenarbeit, handwerkliche Arbeit und Soziale Arbeit
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Das Forschungsdesign<br />
Um unser Erkenntnisinteresse in ein Forschungsinstrument zu übersetzen, stellten wir<br />
im ersten Schritt Hypothesen zum Sachverhalt „Offene Werkstatt“ an.<br />
Diese zuerst noch ungefiltert <strong>und</strong> spontan, später überprüft, überarbeitet <strong>und</strong> sortiert.<br />
So ermittelten wir die folgenden eher allgemeinen Hypothesen:<br />
1. Offene Werkstätten können Orte sein, wo sich Menschen mit unterschiedlichem<br />
Hintergr<strong>und</strong> begegnen können (� soziales Erleben)<br />
2. <strong>Eigenarbeit</strong> stärkt Kompetenzen <strong>und</strong> Potenziale (� gestalterisches <strong>und</strong> soziales<br />
Erleben)<br />
3. <strong>Eigenarbeit</strong> kann in Ergänzung/ neben/ jenseits zur <strong>Erwerbsarbeit</strong> selbstbestimmtes<br />
<strong>und</strong> ganzheitliches <strong>Arbeit</strong>en erfahrbar machen<br />
4. Offene Werkstätten bereichern <strong>und</strong> ergänzen die soziokulturelle Infrastruktur<br />
5. Es gibt Überschneidungen zwischen dem Konzept der „Offenen Werkstatt“ <strong>und</strong><br />
theoretischen Überlegungen der <strong>Soziale</strong>n <strong>Arbeit</strong> (Ziele, Menschenbild, <strong>Arbeit</strong>sweise…)<br />
Diese Hypothesen sollten für uns einerseits als Gerüst für die Themenwahl in den themenzentrierten<br />
Interviews dienen <strong>und</strong> andererseits bei der Auswertung derselben die<br />
„Suchrichtung“ vorstrukturieren.<br />
Um hier für eine klare Verständigung zu sorgen, definieren wir die Begriffe „gestalterisches<br />
Erleben“, „soziales Erleben“ <strong>und</strong> „ganzheitliches <strong>Arbeit</strong>en“ wie folgt:<br />
Zunächst zu dem Wort „Erleben“, das wir hier als substantiviertes Verb in den Mittelpunkt<br />
stellen. Das Verb erleben meint: mit ansehen, mitfühlen, mitmachen, erfahren,<br />
Erfahrungen machen 41 . In diesem Sinne verstehen wir unter Erleben die aktive (Mit-)<br />
Gestaltung <strong>und</strong> (bewusste) Teilnahme eines Menschen an der äußeren Welt. Nun<br />
bestimmen wir das Erleben näher durch die beiden Adjektive sozial <strong>und</strong> gestalterisch.<br />
<strong>Soziale</strong>s Erleben betont den Aspekt des Zwischenmenschlichen, wir meinen damit die<br />
Erfahrung der Teilhabe an einer Gemeinschaft, sich zugehörig fühlen.<br />
Mit gestalterischem Erleben wollen wir einerseits die Erfahrungen beschreiben, die<br />
durch die besondere Art des <strong>Arbeit</strong>ens, nämlich des <strong>Arbeit</strong>ens nach eigenen Plänen<br />
<strong>und</strong> Vorstellungen <strong>und</strong> die eigenhändige Ausführung des Herstellens ermöglicht werden:<br />
eine produktive <strong>und</strong> schöpferische Erfahrung 42 . In Kap. I 3 „Handwerkliche Ar-<br />
41 Duden Herkunftswörterbuch 2006, Stichwort leben<br />
42 Hier sind wir nah am Begriff des „Herstellen“ im Sinne von Hannah Arendt, den sie als einen<br />
Prozess beschreibt, an dessen Ende etwas „objektiv Greifbares“ entsteht (Arendt 1960, S. 81),<br />
„ein ganz <strong>und</strong> gar neues Ding, das beständig <strong>und</strong> eigenständig genug ist, von nun an ohne Hilfe<br />
des Menschen in der Welt zu bleiben“(ebd., S. 130). In diesem Prozess kann der Mensch sich<br />
selbst verdinglichen <strong>und</strong> der Mensch wird zum Homo faber, zum schaffenden Menschen (vgl.<br />
ebd., S. 122).<br />
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