I Erwerbsarbeit, Eigenarbeit, handwerkliche Arbeit und Soziale Arbeit
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Das Kreativzentrum Wolfen-Nord<br />
hier auch gegenseitige Beratungen stattfinden: „Das ist dann schön, wenn einer schon<br />
was weiß <strong>und</strong> berät <strong>und</strong> dann – das finden wir dann gut“ (RE 106-108).<br />
Eine weitere, unserer Ansicht nach für die BesucherInnen sehr wichtige Erfahrung ist<br />
die, sich im Kreativzentrum wirklich willkommen zu fühlen, sie werden mit ihren jeweili<br />
gen Bedürfnissen angenommen <strong>und</strong> anerkannt. Die Atmosphäre im Haus zeugt nach<br />
unserem Eindruck von einer großen Wertschätzung <strong>und</strong> dem Respekt gegenüber jedem/r<br />
einzelnen BesucherIn. Unserer Ansicht nach ist dies für die Menschen umso<br />
wichtiger, je mehr sie in anderen Lebensbereichen im Kontext der Umbrüche seit der<br />
Wende <strong>und</strong> der Risikogesellschaft ihrer (Selbst-)Sicherheiten beraubt wurden. Das<br />
Kreativzentrum stellt einen Ort dar, an dem sie sich selbst wertvoll fühlen können. Wir<br />
wollen dies noch einmal am Beispiel der Rentnerinnen deutlich machen: Diese genießen<br />
nach eigenen Worten die schöne Bewirtung <strong>und</strong> den aufmerksamen Service besonders.<br />
Vielleicht ist gerade in „schlechten Zeiten“ der Wunsch, sich mal bedienen zu<br />
lassen <strong>und</strong> gut behandelt zu werden, besonders groß. Frau gönnt sich mal was! Aus<br />
sozialarbeiterischer Perspektive ist dieses Bestreben durchaus nachvollziehbar. Zieht<br />
man als Erklärungswissen das Modell der Lebensbewältigung nach Lothar Böhnisch<br />
heran (siehe Kap. I 4.5), dann kann dieses Verhalten als Handeln gedeutet werden,<br />
das<br />
dem Selbstwertverlust der Personen entgegenwirkt <strong>und</strong> das den sozialen Rückhalt<br />
sichert. Diesen Bedürfnissen wird im Kreativzentrum offenbar entsprochen.<br />
Bedeutungsmomente für Mitarbeiterinnen - wie´ne große Familie<br />
Wir haben festgestellt, dass es für die MitarbeiterInnen einen eigenen Nutzen <strong>und</strong> eigene<br />
Motive gibt <strong>und</strong> diese in Kap. II 3.2.2 behandelt. Welche Qualitäten erleben die<br />
MitarbeiterInnen des Kreativzentrums <strong>und</strong> was macht die <strong>Arbeit</strong> des Kreativzentrums<br />
für sie sinn- <strong>und</strong> wertvoll?<br />
Die <strong>Arbeit</strong> des Vereins <strong>und</strong> die <strong>Arbeit</strong> im oder für den Verein hat für die MitarbeiterInnen<br />
in unseren Augen einen starken Selbsthilfecharakter, auch wenn sie selbst dies so<br />
nicht benennen. Selbsthilfe heißt, eigene Probleme aus eigener Kraft bzw. gemeinsame<br />
Probleme mit gemeinsamer Anstrengung zu bearbeiten (vgl. Pankoke, 2002). Fast<br />
alle MitarbeiterInnen sind von <strong>Arbeit</strong>slosigkeit im Verein bietet<br />
eines <strong>Erwerbsarbeit</strong>splatzes sehr ähnlich ist. Es wird von Montag bis Freitag von 9-18<br />
60 betroffen. Die Mitarbeit<br />
Ersatz für die fehlenden Erlebniskategorien der <strong>Erwerbsarbeit</strong>. Die Selbsthilfe läuft dabei<br />
auf zwei Ebenen ab, auf einer strukturellen <strong>und</strong> einer inhaltlichen.<br />
Auf der strukturellen Ebene schafft der Verein einen Beschäftigungsrahmen, der dem<br />
60 Es gibt auch wenige Ehrenamtliche, die einen <strong>Arbeit</strong>splatz haben, einige, die früher ehrenamtlich<br />
tätig waren <strong>und</strong> jetzt einen <strong>Arbeit</strong>splatz haben, arbeiten inzwischen nicht mehr mit.<br />
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