I Erwerbsarbeit, Eigenarbeit, handwerkliche Arbeit und Soziale Arbeit
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Die vergesellschaftende Kraft der <strong>Arbeit</strong><br />
Ralf Dahrendorf formulierte auf dem 21. Soziologentag 1982 das Schlagwort von der<br />
„Krise der <strong>Arbeit</strong>sgesellschaft“ (Dahrendorf bei Berger 2001, S.73). Unter dem Eindruck<br />
immer weiter steigender <strong>Arbeit</strong>slosenzahlen in fast allen Industrienationen erneuerte<br />
Jeremy Rifkin (2004 [1995]) Mitte der 1990er Jahre die Prognose vom „Ende<br />
der <strong>Arbeit</strong>“ infolge der immer weiter getriebenen Automatisierung in allen Sektoren <strong>und</strong><br />
meint das bevorstehende Ende der <strong>Erwerbsarbeit</strong> im oben beschriebenen klassischen<br />
Sinne. Unter dem Titel „The Employment Dilemma and the Future of Work“ legten Orio<br />
Giarini <strong>und</strong> Patrick Liedtke 1997 dem Club of Rome eine Analyse der Entwicklungen<br />
des globalen <strong>Arbeit</strong>smarktes vor <strong>und</strong> das Thema wurde in die Agenda der gr<strong>und</strong>legenden<br />
Themen der Gegenwart aufgenommen.<br />
Handelt es sich nun um eine Krise der <strong>Arbeit</strong>sgesellschaft, die in den Idealen der ersten<br />
Moderne, (Vollbeschäftigung <strong>und</strong> Normalbiografie) festhält, die durch Anpassung<br />
der Menschen an neue Produktions- <strong>und</strong> Wirtschaftsbedingungen überw<strong>und</strong>en werden<br />
kann? Oder naht tatsächlich durch immer weiter gesteigerte Produktivität in der Zweiten<br />
Moderne ein Ende der <strong>Erwerbsarbeit</strong>, bzw. kommen wir zu Bedingungen im Bereich<br />
der <strong>Erwerbsarbeit</strong>, die es nahelegen, eine „neue <strong>Arbeit</strong>sgesellschaft“ zu denken,<br />
in der die unterschiedlichen Tätigkeitsformen neu bewertet <strong>und</strong> verteilt werden? Was<br />
hat sich im letzten Viertel des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts für ein Wandel vollzogen, was sind seine<br />
Kennzeichen <strong>und</strong> ist er bereits abgeschlossen oder stecken wir noch mitten im Übergang?<br />
Um zu Antworten auf diese Fragen zu kommen, werden wir zunächst allgemeine Tendenzen<br />
des gesellschaftlichen Wandels aus soziologischer Perspektive betrachten<br />
(Kap. I 1.2.1). Danach werden wir auf die Veränderungen in der <strong>Arbeit</strong>swelt in den letzten<br />
30 Jahren eingehen (Kap. I 1.2.2). Der Schlagworte gibt es diesem Zusammenhang<br />
unübersichtlich viele: Globalisierung, Individualisierung, Dienstleistungsgesellschaft,<br />
digitale Revolution, Turbokapitalismus <strong>und</strong> Flexibilisierung (…die Liste ist damit<br />
nicht vollständig). Um uns nicht im Dickicht der Begriffe zu verlieren, greifen wir die in<br />
Kap. I 1.1.2 verwendete Untergliederung nach Veränderungen im Bereich der Organisation,<br />
des Charakters <strong>und</strong> des (Stellen-)Wertes der <strong>Arbeit</strong> auf. Uns ist dabei bewusst,<br />
dass die drei Elemente sich selbstverständlich gegenseitig bedingen <strong>und</strong> beeinflussen,<br />
entscheiden uns aber dafür, weil es uns so einfacher scheint, die Entwicklungslinien<br />
getrennt nachzuvollziehen. Trennscharfe Zuordnungen sind dabei aber nicht möglich.<br />
Die genannten Schlagworte werden in den Ausführungen im Kontext aufgegriffen <strong>und</strong><br />
erläutert.<br />
Abschließend werden wir die gegenwärtige <strong>Arbeit</strong>sgesellschaft nochmals als Ganzes<br />
betrachten <strong>und</strong> die Frage der Krise oder ihres Endes wieder aufgreifen (Kap. I 1.2.3).<br />
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