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I Erwerbsarbeit, Eigenarbeit, handwerkliche Arbeit und Soziale Arbeit

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Die vergesellschaftende Kraft der <strong>Arbeit</strong><br />

Wert <strong>und</strong> Stellenwert der <strong>Arbeit</strong><br />

An der Norm der erwerbsmäßig ausgeübten Beschäftigung hat sich nicht viel geändert.<br />

Im Gegenteil, die Norm gilt inzwischen auch verstärkt für die zweite, nämlich weibliche<br />

Hälfte der Bevölkerung, „schließlich galt die <strong>Erwerbsarbeit</strong> als Weg zur Emanzipation<br />

von Frauen“ (Bührmann/ Diezinger/ Göckel 2000, S.11). Mit <strong>Erwerbsarbeit</strong> wird häufig<br />

nicht nur Gelderwerb verknüpft, nach wie vor sind soziale Integration <strong>und</strong> gesellschaftliche<br />

Teilhabe damit verb<strong>und</strong>en. In seiner Studie „Identitätskonstruktionen. Das Patchwork<br />

der Identitäten in der Spätmoderne“ gehen Heiner Keupp et. al. auf die Bedeutung<br />

der <strong>Erwerbsarbeit</strong> für die Identitätsentwicklung von Jugendlichen <strong>und</strong> jungen<br />

Erwachsenen ein: „Solange die Gesellschaft ein bestimmtes – an der Logik des Kapitals<br />

orientiertes – Verständnis von <strong>Erwerbsarbeit</strong> in das Zentrum ihrer gesellschaftlichen<br />

Organisation stellt, solange soziale Anerkennung <strong>und</strong> gesellschaftlicher Einfluss<br />

dadurch vermittelt werden, solange Produktivität, (materieller) Gewinn <strong>und</strong> Konsum vor<br />

allem in ihren quantitativen Dimensionen die herrschenden Werte dieser Gesellschaft<br />

sind, bleibt <strong>Erwerbsarbeit</strong> die wesentliche Schnittstelle, an der sich die einzelnen an<br />

dieser Gesellschaft beteiligen können. (…) Sie ist die Eintrittskarte in unsere Gesellschaft“<br />

(Keupp et. al 1999, S. 123 f.).<br />

<strong>Arbeit</strong> soll dabei auch Erfüllung sein, sie ist sogar stärker als im Fordismus Gr<strong>und</strong>lage<br />

für Identifikation, die Art der <strong>Arbeit</strong> definiert auch die persönliche Identität. Wer sein<br />

Leben erzählt, geht fast immer ausführlich auf die getane <strong>Arbeit</strong> ein, <strong>Arbeit</strong> wurde<br />

selbstbegründend <strong>und</strong> sinnstiftend (vgl. Kocka 2001, S.5). Der „Zwang“ zur Individualisierung<br />

findet seinen Ausdruck auch in dem Streben nach einem Traumberuf, in dem<br />

die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit stattfinden kann. Gleichzeitig sind der Zugang<br />

zum <strong>und</strong> Verbleib im „System <strong>Erwerbsarbeit</strong>“, geschweige denn zum/ im Traumberuf,<br />

durch die zuvor skizzierten höheren Anforderungen an Qualifizierung, Flexibilität<br />

<strong>und</strong> Mobilität <strong>und</strong> durch den <strong>Arbeit</strong>splatzmangel erschwert. Hierin verbirgt sich ein<br />

strukturimmanenter Widerspruch, der auf der individuellen Ebene gelöst werden muss.<br />

Der Wert der <strong>Arbeit</strong> bemisst sich dabei einerseits am Qualifikationsniveau, das für die<br />

Ausübung vorausgesetzt wird. Gering- <strong>und</strong> Unqualifizierte verdienen dabei häufig so<br />

wenig, dass der Job nicht ausreicht, um ein Auskommen zu haben, weshalb in<br />

Deutschland derzeit über Mindest- oder Kombilöhne diskutiert wird. Dagegen gibt es<br />

Gehaltsbereiche, die sich nur schwer mit einer Qualifikation oder realen Leistung in<br />

Verbindung bringen lassen bzw. wo, zynisch gesagt, die Leistung darin besteht, Unternehmen<br />

zu verschlanken <strong>und</strong> die Rendite des Unternehmens zu erhöhen (der Soziologe<br />

<strong>und</strong> Sozialphilosoph Oskar Negt in einem Interview. Goethe-Institut 2006, S.3.), d.<br />

h. konkret Stellen abzubauen bzw. Löhne zu drücken, wie es augenblicklich bei der Te-<br />

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