I Erwerbsarbeit, Eigenarbeit, handwerkliche Arbeit und Soziale Arbeit
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Standortbestimmung <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong><br />
Hans Thiersch (2002) <strong>und</strong> auch Maria Bitzan (2000) fordern eine radikalisierte oder repolitisierte<br />
Lebensweltorientierung. Thiersch stellt fest: „Zunächst braucht es den Willen<br />
zum <strong>Soziale</strong>n (…). Die Neugestaltung des <strong>Soziale</strong>n ist zunächst ein Problem politischgesellschaftlicher<br />
Strukturen, ein Problem also der <strong>Arbeit</strong>spolitik, der Städtebau- <strong>und</strong><br />
Familienpolitik – aber auch der Steuer- <strong>und</strong> Subventionspolitik sowie der Sozialpolitik“<br />
(Thiersch 2002, S.24/25). Der Wille zum <strong>Soziale</strong>n drückt sich auch in Bitzans Plädoyer<br />
für eine Konfliktorientierung in der lebensweltorientierten <strong>Soziale</strong>n <strong>Arbeit</strong> aus: Sie sieht<br />
durchaus die Gefahr, dass <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> zur Managerin der Spaltung werden könnte,<br />
die die Akzeptanz <strong>und</strong> das Zurechtkommen der Menschen in ungleichen Verhältnissen<br />
unterstützt. Dem entgegen fordert sie die Aufdeckung von Konflikten in <strong>und</strong> mit den<br />
Verhältnissen (vgl. Bitzan 2000, S.342 ff.). Individuelles Scheitern, das im Lichte der<br />
Individualisierung, einhergehend mit der Idee der Leistungsgerechtigkeit, leicht als persönliches<br />
Versagen eines Menschen gewertet werden kann, muss, angesichts der gesellschaftlichen<br />
Bedingtheit von Lebensverhältnissen, strukturell verstanden <strong>und</strong> entsprechend<br />
bearbeitet werden.<br />
<strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> muss den „Normalisierungsauftrag“ kritisch überprüfen <strong>und</strong> darf ihren<br />
„Integrationsauftrag“ nicht aus dem Auge verlieren. An den Zielorientierungen, gerechte<br />
<strong>und</strong> belastbare Verhältnisse <strong>und</strong> angstfreie <strong>und</strong> stabile Kompetenzen der Lebensbewältigung,<br />
an einem gelingenderen Alltag, wird festgehalten.<br />
4.4 Lebensbewältigung <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong>sgesellschaft<br />
Das Theoriekonstrukt der Lebenslage <strong>und</strong> Lebensbewältigung nach Lothar Böhnisch<br />
stellt die Verknüpfung her, zwischen sozialstrukturellen Lebensbedingungen <strong>und</strong> psychosozialen<br />
Verhaltensweisen von Menschen. Damit schafft es ein Erklärungsmodell<br />
<strong>und</strong> ein Analyseinstrument für die <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong>, es schlägt einen Bogen zwischen<br />
Theorie <strong>und</strong> Praxis. Da wir uns in unserem Auswertungsteil auf Böhnisch beziehen,<br />
stellen wir die kurze Erläuterung dieses Konzeptes voran.<br />
Indem individuelle <strong>und</strong> gesellschaftliche Aspekte berücksichtigt werden, setzt es Verhältnisse<br />
<strong>und</strong> Verhalten miteinander in Bezug.<br />
Böhnisch arbeitet für eine sozialpädagogisch aufklärende Analyse vier Gr<strong>und</strong>dimensionen<br />
heraus, innerhalb derer Menschen subjektiv bestrebt sind, einen Gleichgewichtszustand<br />
zu erhalten oder gegebenenfalls durch Bewältigungsverhalten zu erreichen.<br />
Diese sind:<br />
• Erfahrungen beim Aufbau oder Verlust von Selbstwert<br />
• <strong>Soziale</strong> Orientierung(slosigkeit)<br />
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