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I Erwerbsarbeit, Eigenarbeit, handwerkliche Arbeit und Soziale Arbeit

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<strong>Eigenarbeit</strong><br />

Einem engeren Verständnis von <strong>Eigenarbeit</strong> folgen Irene Kühnlein (1997), Gerd Mutz<br />

(2002), Elisabeth Redler <strong>und</strong> auch Jens Mittelsten Scheid (Gründer der anstiftung 24 ). In<br />

ihrer Auffassung von <strong>Eigenarbeit</strong> bündeln sich ökonomische, gesellschaftskritische,<br />

ökologische <strong>und</strong> gesellschaftlich-visionäre Gesichtspunkte. Diese münden in konkreten<br />

Ideen zur Umsetzung öffentlicher <strong>Eigenarbeit</strong> <strong>und</strong> sind verb<strong>und</strong>en mit Praxiserprobungen.<br />

Ihr Verständnis geht u. a. auf die Gedanken von Ivan Illich <strong>und</strong> Erich von Weizsäcker<br />

zurück. Öffentliche <strong>Eigenarbeit</strong>, so der Gedanke, ist ein Weg zur Rückverlagerung von<br />

„Tätigkeiten im häuslichen Umfeld (Selbstversorgung, Herstellung von Nutzgegenständen),<br />

die (…) mit zunehmender Industrialisierung aus dem privaten Sektor ausgegliedert<br />

wurden“ (Kühnlein 1997, S. 43). Damit verb<strong>und</strong>en ist die Idee, dass privathaushaltliche<br />

Potenziale aktiviert, aufgewertet <strong>und</strong> sichtbar gemacht werden.<br />

<strong>Eigenarbeit</strong> wird in erster Linie als gesellschaftlich-visionäre Option gesehen, eine Art<br />

zu arbeiten, die es – anders als <strong>Erwerbsarbeit</strong> – ermöglicht, Produkt <strong>und</strong> Prozess<br />

selbst <strong>und</strong> eigensinnig zu gestalten. Konsumverzicht <strong>und</strong> Aneignung von Autonomie<br />

stehen im Vordergr<strong>und</strong>. Darin steckt die f<strong>und</strong>amentale Kritik an der Erwerbs- <strong>und</strong> Konsumgesellschaft.<br />

Auf der Basis ihrer gesellschaftsanalytischen Ansichten - zunehmende Entfremdung in<br />

<strong>Arbeit</strong>sprozessen, zunehmende Ausgrenzung von Menschen aus dem <strong>Arbeit</strong>smarkt,<br />

zunehmend passive konsumorientierte Einstellung der Menschen, zunehmende Entgrenzung<br />

der Märkte – konstatiert die anstiftung einen Mangel, trotz materiellem Überfluss.<br />

Dieser Mangel besteht in dem Verlust an Identität <strong>und</strong> sozialer Solidarität der<br />

Menschen, der bis zur Sinnkrise führen kann (vgl. Mittelsten Scheid, 1995, S. 56). Aus<br />

Sicht der anstiftung „bietet der Ansatz der <strong>Eigenarbeit</strong> eine ebenso aktuelle wie wirksame<br />

Antwort auf spezifische Probleme der modernen Gesellschaft“<br />

(www.anstiftung.de/foreig.htm).<br />

Auf dieser gesellschaftlich-visionären Ebene ist <strong>Eigenarbeit</strong> zu verstehen als „Einladung<br />

zu einem Leben, das den Menschen schöpferische Gestaltungsräume eröffnet:<br />

im Umgang mit Materie, mit sich selbst <strong>und</strong> im Zusammenleben mit anderen Menschen“<br />

(anstiftung, Broschüre). <strong>Soziale</strong> <strong>und</strong> kulturelle Aktivitäten sind somit ausdrücklich<br />

integriert. Nach Mittelsten Scheid heißt <strong>Eigenarbeit</strong> auf der individuellen, praktischen<br />

Ebene: „Tätigsein im eigenen Auftrag, mit den eigenen Kräften, nach eigenem<br />

24 Die beiden untersuchten Einrichtungen, das Kreativzentrum Wolfen-Nord <strong>und</strong> das Kempodium,<br />

sind als Einrichtungen zur Förderung der <strong>Eigenarbeit</strong> von der gemeinnützigen Forschungsgesellschaft<br />

anstiftung (mit-)initiiert, finanziert <strong>und</strong> begleitet worden. Das erste große Projekt<br />

dieser Art war das 1987 gegründete Haus der <strong>Eigenarbeit</strong> (HEi) in München. Wie die anstiftung<br />

genauer involviert ist, wird in Teil II unserer <strong>Arbeit</strong> behandelt.<br />

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